Amateurfunk verbindet die Welt

6 Die Antenne entsteht

Erstellt: DL6GL, 18.08.2013, letzte Änderung 12.09.2019 

« 5 Nichtresonante Multibanddipole
TOP » 7 Messungen


6.1  Grundrissplan

Mit den vielversprechenden Daten der ZS6BKW rückte die Lösung schon näher. Als inverted V, mit dem Zentralmast auf dem Hausdach in ca. 10m Höhe, die V-Schenkel rechts und links an den Grundstücksgrenzen zu je einem 6m-Fahnenmast abgespannt, ist was zu machen. Der Winkel zwischen den zwei Schenkeln sollte nach der Literatur nicht kleiner als 90° sein. Mit ein wenig Herumzirkeln war tatsächlich ein Winkel von 91° zu schaffen.

Da ohnehin der an anderer Stelle auf dieser Website beschriebene symmetrische Antennentuner endlich statt an der Windrispen-Behelfsantenne an einer ordentlichen Außenantenne zum Einsatz kommen sollte, wären die Design-Vorgaben der o.g. Antennenformen, zumindest auf einigen Bändern ohne ATU auszukommen, weniger einschränkend. Anders gesagt, bei den Strahler- und Feederlängen könnte ich mich nach den vorhandenen Gegebenheiten richten, also mehr oder weniger willkürliche Längen wählen. Den Rest wird der ATU schon richten.

Für die Feederleitung kam von vorneherein nur eine Selbstbau-Hühnerleiter in direkter Fortführung der Strahlerdrähte in Frage (Abb. 6.2, 6.3). Die kunststoffisolierten Flachleitungen wie der 450 Ω Wireman haben ja nicht den besten Ruf in Bezug auf Effekte durch die unvermeidliche Verschmutzung und durch Regenwasser, Reif oder Eis.

Abb. 6.1: Grundriss.

Um das zeitraubende Zusammensuchen aller Einzelteile im Internet zu verkürzen, ist im Anhang eine Stückliste mit möglichen Lieferanten angeführt. Alle Befestigungsteile wie Schrauben, Muttern, Kauschen und Seilklemmen sind Edelstahlausführungen. Als jugendlicher Vespa- und Autoschrauber habe ich mich seinerzeit genug an verrosteten Schrauben und Muttern abgearbeitet. Muss ja nicht sein, dass die Antenne irgendwann abgefault auf meine Rosen fällt.


6.2  Isolatoren

Für die Mitteneinspeisung, die Spreizer und Abstandhalter (Dachrinnenumlenkung) für die Hühnerleiter wird Isoliermaterial benötigt. Welcher Isolierstoff ist hier geeignet?

  • Plexiglas-Bastlerplatten aus dem Baumarkt
    Nicht geeignet. Sie sind nicht aus "Plexiglas" (geschützte Bezeichnung für Polyacryl von Evonik), sondern aus Polystyrol (PS). Dieses ist nicht UV-stabil.
  • Polycarbonat (PC): Mechanisch optimal, da praktisch "unkaputtbar". Polycarbonat ist von sich aus auch nicht UV-stabil. Es gibt zwar auch UV-stabile Ausführungen mit speziellen Oberflächenbeschichtungen, an den Schnittkanten geht sie aber verloren.
    Seit dem Sommer 2013 hängt ein probeweise zugeschnitterer Polycarbonat-Hühnerleiterspreizer zum Test an der Südseite meines Hauses. Bislang hat die Sonne ihm noch nicht merklich zugesetzt. Kann aber wohl noch kommen.
    Herbst 2019: Der Spreizer erfreut sich immer noch bester Gesundheit.
  • Polyacryl ("Plexiglas", Polymethylmethacrylat, PMMA): Ist zwar nicht so mechanisch belastbar wie Polycarbonat, dafür aber UV-stabil. Ein befreundetes Unternehmen der Kunststoffverarbeitung half mir großzügig mit Abfallstücken. Ansonsten sind Kleinmengen im Internet zu finden, wohl auch bei örtlichen Glasern, Schreinern oder Messebauunternehmen. Polyacryl gibt es in zwei Varianten: extrudiert bzw. gegossen. Das gegossene Polyacryl hat bessere mechanische Eigenschaften wegen der längeren Molekülketten. Für die besagte Dachrinnenumlenkung und den Mittenisolator wurde gegossenes Polyacryl der Stärke 6 mm verwendet, für die Hühnerleiterspreizer 3 mm starke Streifen extrudiertes Polyacryl (war gerade in passender Breite im Abfallcontainer) von 10 cm Länge.

Polyacryl wie auch Polycarbonat lassen sich problemlos mit der Kreissäge zuschneiden. Bohren auch kein Problem, bei größeren Durchmessern ist Kühlen mit etwas Wasser ratsam.

Abb.6.2: Acryl-Spreizer 100x20x3 mm, Leiterabstand 84 mm.

Die Fixierung der Leiterdrähte mit je einem Kabelbinder gestattet ein nachträgliches Umhängen der Spreizer ohne Beschädigung der Drähte.
Weitere Ideen für Spreizer und Antennenbau: http://www.dl2lto.de/sc/index_HB.htm

Abb. 6.3: Acryl-Mittenisolator 110x80x6 mm.

Bedingt durch die Zentralaufhängung am Mast (2m, 50 mm Ø) auf dem Dach lässt sich der Feeder nicht in seiner Gesamtlänge senkrecht nach unten führen. Er hängt zwischen Mittenisolator und dem Dachrinnenumlenker so weit durch, dass zu den Dachpfannen ein Mindestabstand von ca. 10 cm verbleibt (Abb. 6.4, 6.5).

Abb. 6.4: Antennenanlage in der Seitenansicht.

Abb. 6.5: Acryl-Dachrinnenumlenker.

Noch ein Wort zu den Fahnenmasten. Die klapprigen mehrteiligen Fahnenmasten aus dem Baumarkt oder von Versandhäusern zu ca. 50 € oder sogar noch weniger kann man vergessen. Die verwendeten Masten sind zwar nicht gerade billig, aber ihren Preis wert, auch wenn es als Dreingabe wie bei den Schnäppchenmasten keine Flagge nach Wahl gibt.

Zwischenbilanz nach sechs Jahren: Ein schweres Unwetter im August 2019, wohl eine Fallböe aus einer Gewittersuperzelle von vielleicht zehn Minuten Dauer, hat eine Schneise der Verwüstung in unserer Gegend hinterlassen. Ganze Wälder wurden umgelegt. Die Antennenanlage hat's mächtig geschüttelt, sie blieb aber ohne Schäden standhaft. Der Antennentuner war abgeklemmt. Mit Gewittern ist nicht zu spaßen.

Natürlich müssen die drei Masten ordentlich geerdet werden. Der Zentralmast auf dem Dach ist mit einem Erdkabel (NYY-J 1x16mm2 Volldraht) über eine Dachrinnenklemme entlang der Außenseite des Hauses mit einem 2,5 m langen Kreuzerder verbunden. Von diesem ist mit dem gleichen Erdkabel eine Verbindung zum Erder der Hausinstallation hergestellt. Die beiden Fahnenmasten sind mit jeweils einem 1,5 m langen Kreuzerder geerdet.

Zumindest für das Einschlagen der Kreuzerder erwies sich das Hundewetter im Frühjahr 2013 als ein Vorteil. Der Lehmboden war einigermaßen aufgeweicht, so dass die 1,5 m langen Kreuzerder fast wie Butter reingingen. Für den 2,5 m langen Kreuzerder wurde zunächst ein Loch mit einem schmalen Spaten gegraben, ca. 75 cm tief, und über eine Woche lang täglich eine 10 Liter Gießkanne dort hinein entleert.

Zur Ableitung elektrostatischer Aufladungen und Überspannungen ist eine Schutzvorrichtung mit der Hühnerleiter verbunden. Die Erdung erfolgt am o.g. Erdungskabel. Als Überspannungsschutz wurden zwei EPCOS "Surge Arrester" verwendet. Überspannungen entladen sich mit einem Lichtbogen in der gasgefüllten Pille.

Abb. 6.6: Überspannungsschutz.

Eine Barriere gilt es noch zu überwinden: die Hauswand. Alternative 1, Antennentuner draußen und Koax-Kabel durch die Wand führen, ist wenig attraktiv. Der ATU braucht ein Gehäuse mit mindestens IP54 (Spritzwasserschutz). Hat er nicht. Alternative 2, mit den zwei Feederleitungen durch die Wand blieb dann übrig. Da der Feeder wohlweislich an der Außenwand des Shack verlief, sollte das keine Schwierigkeit machen. Bei meiner Hütte, einem Fachwerkhaus, wurde ein Balken durchbohrt. Bei einem ordentlichen Haus mit massiven Mauern nimmt man zum Bohren halt Stein- statt Holzbohrer. Die Durchführungen wurden mit einem Kunststoffrohr, Außendurchmesser 11,5 mm, einer Messing-Gewindestange, Messingmuttern, Kfz-Kabelschuhen (alles aus dem Baumarkt) und einigen Abschnitten RG213-Isolation angefertigt. Zusätzlich mit der schwarzen RG213-Außenisolation wird der Innendurchmesser des Kunststoffrohrs genau getroffen. Abgedichtet wird mit Heißkleber.

Dass das Eichenholz im Bereich der Wanddurchführung wohl nicht das beste Dielektrikum zwischen den Leitern sein dürfte, wird dabei in Kauf genommen. Bei mineralischen Baustoffen sind wohl noch mehr Bedenken angebracht. Besser wäre auf alle Fälle eine die Hühnerleiter umhüllende Rohrdurchführung, z.B. mit Abwasserrohr. Ein ggf. geringerer Leiterabstand als der der restlichen Hühnerleiter innerhalb der Durchführung sollte tolerierbar sein, etwa bei 50mm HT-Rohr. Egal wie, es gäbe ein (un)ansehnliches Loch in der Wand - wenig Chancen in einem Mietshaus.

Abb. 6.7: Wanddurchführung (schematisch).

So ist der Antennentuner vom Dachboden wieder im Shack gelandet. Hätte ich mir die RS485-Fernsteuerung auch sparen können.

Das Aufstellen der Fahnenmasten erregte noch keinen Argwohn bei der Nachbarschaft, wurden doch sogleich zu meinem Geburtstag Flaggen meiner Heimatstadt Köln aufgezogen - nicht gerade patriotisch auf bayerischem Boden. Besorgte Fragen kamen dann doch, als an einem sonnigen Samstag   die Antenne hochgezogen war. Man gab sich aber zufrieden  mit der Antwort "Amateurfunkantenne". Frage beantwortet. Fernseher läuft immer noch. Bayerische Bodenständigkeit ist doch was Schönes.


6.3  Antennenabmessungen

Da die 2 x 13,75 m nach ZS6BKW für die beiden Dipoläste in V-Form gut unterzubringen waren, blieb es dabei. War noch die Frage nach der Länge der Hühnerleiter zu klären. Hierzu wurde der DZRechner von DK1RP [21] als Idee für eine erweiterte Excel-Anwendung genommen. Es galt, die Spannungskopplungen mit hoher Impedanz bei Vielfachen von λ/2 für die Gesamtlänge (Dipolhälfte + Feeder) für möglichst viele Bänder zu vermeiden. Bei Verzicht auf das 12m-Band mit hoher Impedanz bei ca. 2λ ergab sich mit 9,2 m ein akzeptabler Kompromiss.

Tab. 6.1: Abschätzung zu kritischen Feeder-Abmessungen nach DK1RP.

Grüne Markierungen "Low Z" bei Stromkopplung werden angezeigt für Spannen +/- 0,05 λ um ungerade Vielfache von λ/4, z.B. bei 80m für Gesamtlängen zwischen 0,2 und 0,3 λ, rote Markierungen "High Z" bei Spannungskopplung für Spannen +/- 0,05 λ um ganzzahlige Vielfache von λ/2, z.B. bei 12m zwischen 1,95 und 2,05 λ. Diese Grenzwerte für "grün=gut" und "rot=schlecht" sind mehr oder weniger willkürlich in der Annahme, dass die Grenzen scharf ausgeprägt sind. Gelbe Markierungen liegen irgendwo dazwischen. Ob dies zu belastbaren Ergebnissen führt, wird sich weiter unten zeigen.

Um ermessen zu können, wie zuverlässig die Ergebnisse der Excel-Berechnungen sind, wurden die Literaturwerte für die G5RV und die ZS6BKW eingesetzt. Bei der G5RV zeigt sich die Stärke bei 20m wie von G5RV ursprünglich beabsichtigt. Mit den Abmessungen aus Ziffer 5.1, letztes Zitat (Wireman-Feeder), sind für die ZS6BKW keine besonderen Stärken mit Impedanzen in der Gegend von 50 Ω auszumachen. Im 30m-Band sind mit einer Gesamtlänge von 1λ, im 15m-Band mit 2λ hohe Impedanzen zu erwarten.

Genauere Aussagen sollten mit Antennen-Simulationsprogrammen möglich sein. Nach einigem Probieren gelang es dann doch noch, mit MMANA-GAL halbwegs zurechtzukommen [22]. In der vermutlich irrigen Annahme, dass auch die Hühnerleiter als integraler Bestandteil der Antenne in der Geometriedefinition von MMANA festzulegen ist, wurde die Antenne wie folgt parametriert.

Abb. 6.8:, Geometriedaten für MMANA, erster Versuch.

Da der Feeder als Anpassungselement Bestandteil der Antenne ist und mit der Länge von 12,2m in der Senkrechten die Zentralaufhängung in 10m Höhe übersteigen würde, wurde er in der Simulation bei 8m waagerecht abgeknickt. Im Register "Calculate/Berechnen" ist daher mit "Add height/Höhe" = 2m die Höhe der Zentralaufhängung von 10m wiederhergestellt. "Add height" addiert den dort eingestellten Wert zur Z=0 – Koordinate. Das ist hier das untere Ende am Knick des Feeders.

Der Einspeisepunkt (7) ist ein virtueller Draht zwischen den Feeder-Enden (5) und (6), mittig eingespeist. Der Abstand der Feeder-Leitungen ist 84mm, d.h. bezogen auf die Y-Achse +/- 0,042m.

Surprise, surprise! Die Ergebnisse aus Tabelle 6.1 und MMANA-Berechnungen passten einfach nicht zusammen. Lässt Tab. 6.1 z.B. im 80m-Band auf eine niedrige Impedanz mit problemloser Anpassung hoffen, so platzt mit einem SWR bei Anpassung an 50 Ω von 27 laut MMANA dieser Traum sogleich wieder.

Was läuft hier falsch? Berechnet MMANA die Impedanztransformation auf dem Feeder richtig? Offenbar nicht. Entweder Denkfehler bei der Geometriedefinition oder MMANA kann so etwas nicht. Das Help-File war auch keine rechte Hilfe.

Zweiter Versuch.
Es wurde nur der Strahler simuliert (Abb. 6.9): Drähte (1) und (2) in Abb. 6.8, Mittenabstand 84mm, dazwischen ein dritter virtueller Draht mit mittigem Einspeisepunkt wie oben. Zentralaufhängung 10m über Grund. Ermittelt wird damit die Fußpunktimpedanz direkt an den Strahlern. Die Impedanztransformation am Ende des Feeders wird mit einem eigens hierfür erstellten Excel-Sheet berechnet. Das sah schon gesünder aus. Mit den in der gelben Zeile "Antenna imp." in Tab. 6.2 eingegebenen Fußpunktimpedanzen aus der MMANA-Simulation berechnet Excel die transformierten Impedanzen am TX-seitigen Ende der Hühnerleiter entsprechend deren Länge.

Abb. 6.9: Geometriedefinition nur für den Dipol (zweiter Versuch).

Die "Prognosen" nach Tab. 6.1 treffen hier auch nicht zu. Der DZRechner von DK1RP bzw. meine nachempfundene Excel-Tabelle ist offenbar nur mit einem gesunden Misstrauen zu gebrauchen, wenn überhaupt. Von einer Anlage im Download sehe ich daher lieber ab.

Tab. 6.2: Impedanztransformation auf der Hühnerleiter.

Bei 10m Feederlänge könnte es für den ATU eng werden im 17 und 12m-Band, bei 11m im 12 und 10m-Band. Mit 12m Feederlänge sind Wirk- und Blindwiderstände deutlich unter 1kΩ gefallen. In allen Fällen ist auf 80m ist eine deutliche Aufwärtstransformation mit dem ATU erforderlich.

Fehlt noch die Probe auf's Exempel: Original ZS6BKW (Strahler 2x13,75m, Wireman CQ553 12,2m), mit MMANA wie oben nur der Dipol berechnet, hier aber gestreckt, 10m über Grund und Feeder-Transformation bei 12,2m mit Excel).

Tab. 6.3: Probesimulation Original ZS6BKW.

Die Original ZS6BKW soll ohne ATU "gut", d.h. mit einem SWR < 2, laufen auf 40, 20, 17 und 12m. Kann bestätigt werden (grüne Markierungen in Tab. 6.3). Für die Bänder 80, 30 und 15m ist ein ATU erforderlich. Wohl auch einzusehen (rote Markierungen in Tab. 6.3). Insoweit ist also Vertrauen in die bisherigen Berechnungsbemühungen mit MMANA für den Dipol und mit Excel für den Feeder hergestellt.

Im Artikel "Anzeige nach BEMFV" auf dieser Website ist die Anwendung eines zweiten - auch kostenlosen und dazu wesentlich mächtigeren - Programms zur Antennenmodellierung beschrieben: 4NEC2 von Arie Voors [7].


« 5 Nichtresonante Multibanddipole
TOP » 7 Messungen