VNWA - Kalibrierung
Erstellt: DL6GL, 11.09.2021, letzte Änderung 18.09.2021
Um ein Haar hätte ich den Stapel Notizen und Handskizzen weggeworfen und Screenshots gelöscht, die im Verlauf der vor einiger Zeit doch recht mühsamen Einarbeitung in den Umgang mit dem DG8SAQ-VNWA entstanden waren. Hatte ich mich doch über die Jahre an die einfache Handhabung des skalaren Netzwerkanalysators FA-NWT gewöhnt. Reichte es vorher, Amplituden bzw. Leistungen zu betrachten, kommen nun Phasen und Laufzeiten elektromagnetischer Wellen in der Messanordnung dazu. Mit den Picosekunden für die Delays in den "Simple SOLT Model Settings" etwa konnte ich erst einmal wenig anfangen. Es blieb nichts anderes übrig, sich durch das VNWA-Help und verschiedene Beschreibungen und Anleitungen im Web zu kämpfen, z.B. [1] und [2], damit sich der Nebel so langsam lichtete. All die Schmierzettel und Screenshots habe ich hier versucht, in eine nachvollziehbare Ordnung zu bringen. Wenn es anderen VNWA-Newbies so wie mir weiterhilft, war es das wert.
1 VNWA Messprinzip
(Vektorielle) Netzwerkanalysatoren werden in der Hochfrequenztechnik eingesetzt, um die Transmission und die Reflexion an Messobjekten als Funktion der Frequenz zu messen, charakterisiert durch S-Parameter.
Abb. 1.1: Messanordnung.
Vom TX-Ausgang des VNWA gelangt das Signal ("I" wie "Incident", rot) mit vorgegebener Frequenz, Amplitude und Phase als vorlaufende Welle zum Messobjekt (DUT). Je nach Impedanzanpassung wird ein Teil der einlaufenden Welle am DUT-Eingang mit einer Phasenverschiebung zurück in den TX-Ausgang reflektiert ("R" wie "Reflected", blau). Das im DUT in Amplitude und Phase veränderte Signal wird dem RX-Eingang als Transmission ("T") zur Messung zugeführt.
Die Transmission ergibt sich aus dem Verhältnis des übertragenen zum gesendeten Signal (Out / In, als S-Parameter S21), die Eingangsreflexion aus dem Verhältnis des reflektierten zum gesendeten Signal (R / I, als S-Parameter S11). Mit umgedrehtem DUT, (1) und (2) vertauscht, erhält man die Ausgangs-S-Parameter S12 und S22.
- S11: Reflexion an Tor (1),
- S21: Transmission von Tor (1) zu Tor (2),
- S22: Reflexion an Tor (2),
- S12: Transmission von Tor (2) zu Tor (1).
- Die S-Parameter sind komplex (mit Betrag und Phase bzw. Real- und Imaginärteil) und frequenzabhängig.
Skalare NWA können nur die Beträge von Transmission und Reflexion messen, vektorielle NWA ermitteln neben dem Betrag auch die Phase.
Wie der VNWA das macht, sei in einem stark vereinfachten Schemabild verdeutlicht.
Abb. 1.2: Funktionsweise (schematisch) des VNWA.
Ein paar unentbehrliche Komponenten wurden hier zur Vereinfachung weggelassen: Drei Mischer einschließlich Oszillator, die die Messignale "Incident, "Reflected" und "Transmitted" in den Niederfrequenzbereich zur Auswertung im Stereo-PC-Soundsystem heruntermischen. Dabei sind sie es, die in den Audiokanälen sowohl die Amplituden als auch die relativen Phasen der Signale erfassen. Beträge (Amplituden) und Phasen(winkel) sind eine andere Darstellung komplexer Zahlen im Zeigerdiagramm mit Realteil als X-Achse und Imaginärteil als Y-Achse.
2 VNWA Kalibrierungsstandards
Installation und erstes Einrichten sind leicht, z.B. mit [2] oder [6], nachzuvollziehen. Hier soll es um die Kalibrierung des VNWA als absolut notwendige Voraussetzung für Messungen gehen. Die Impedanzen von TX-Ausgang und RX-Eingang können vom Nominalwert 50Ω abweichen, zudem sind die Balancebedingungen der SWR-Messbrücke (z.B. VSWR = 1 bei perfekter Anpassung) zunächst nicht bekannt. Dazu kommen noch die Messleitungen zwischen TX/RX und DUT. Eine Kalibrierung mit genau bekannten Standards ermöglicht mit daraus abgeleiteten Korrekturfaktoren eine Kompensation dieser Fehlergrößen, so dass nur noch die Eigenschaften des DUT alleine ermittelt werden können. Fixpunkte dazu sind die Referenzebenen (rot in Abb. 2.1) an den Kabelenden. Eine Kalibrierung ist damit nur für die aktuell verwendeten Messkabel gültig.
Abb. 2.1: Messanordnung, Referenzebenen in den Kabelsteckern (rot).
Dies kann mit einer SOLT-Kalibrierung erfolgen:
- S: Short, Kurzschluss am TX-seitigen Kabelende,
- O: Open, offenes TX-seitiges Kabelende,
- L: Load, genau bekannter Wert von ca. 50Ω am TX-seitigen Kabelende,
- T: Transmission, TX- und RX-Kabel über Konnektor miteinander verbunden.
Für Eintor-Reflexionsmessungen am TX-Ausgang, also Kalibrierung der SWR-Messbrücke und der TX-Messleitung, reichen die ersten drei: SOL.
Es ist zunächst das zu verwendende Calibration Kit auszuwählen.
Menü: Settings – Calibration Kit oder Shortcut "k":
Abb. 2.2: Calibration Settings.
- Ideal calibration standards
Die Load wird mit 50Ω, Open und Short und Thru werden als ideal angenommen, ohne Signallaufzeiten zu berücksichtigen.
Für Messungen bis in den HF-Bereich hinreichend genau. - Simple model custom calibration standards
Parameter von Load und Signallaufzeiten von Open, Short, Load und Thru können festgelegt werden. Von SDR-Kits lieferbare Standards mit vorbesetzten Werten können mit "Load Settings" abgerufen werden.
Für Präzisionsmessungen bis in den UHF-Bereich. - Arbitrary model custom calibration standards
Modellierung des frequenzabhängigen Verhaltens von Short, Open, Load und Thru mit Formeln.
Für Spezialisten, hier nicht betrachtet.
Um für alle Fälle bis zum 70cm-Band und darüber hinaus gerüstet zu sein, werden wir das "Simple model" wählen. Nach Klick auf "Load Settings" und Auswahl des Calibration Kit werden dessen vorbesetzte Daten angezeigt:
Abb. 2.3: Simple SOLT Model Settings (Rosenberger Female Calibration Kit).
Wir können es uns einfach machen und die vorbesetzten Daten unbesehen akzeptieren. In der Regel werden wir aber den rot umrahmten Wert für das Load-R vom Standard 50Ω auf den tatsächlich gemessenen Wert anpassen müssen. Er ist im Deckel des Kit-Holzkästchens notiert.
Was aber hat es mit den Delays auf sich? Sie tragen den Signallaufzeiten Rechnung, die zwischen den Referenzebenen in den Messkabelenden (Abb. 2.1) mit Steckern (male) oder Buchsen (female) und den angeflanschten Standards Open, Short, Load und Thru zu berücksichtigen sind. Sie korrigieren die zu den Messkabeln zugefügten Längen mit den entsprechenden Signallaufzeiten. Details weiter unten.
Hinweis: Die angegebenen "one way mechanical length" sind nur zur Information. Sie werden offensichtlich weder mit dem gerundeten Verkürzungsfaktor von 0,7 für PTFE noch mit dem Literaturwert 0,695 berechnet.
Abb. 2.4: Referenzebenen bei SMA-Steckern/Buchsen (Bild: Rosenberger).
Werden Stecker und Buchse zusammengeschraubt, stoßen beide Referenzebenen aufeinander. In der Regel haben wir die gleich langen Messleitungen an beiden Enden mit SMA-Steckern versehen. Zwischen diesen beiden Referenzebenen soll ein DUT gemessen werden (Abb. 2.1).
Direkt anzuflanschen sind also Buchsen mit Außengewinde (Female). Für die Kalibrierung sind somit Female-Standards die erste Wahl. Für eine Thru-Verbindung TX nach RX brauchen wir eine Female-Female-Kupplung mit einer bestimmten Länge.
Abb. 2.5: Rosenberger Female Calibration Kit (Bild: SDR-Kits, Rev. 5, Mai 2017)
Wenn wir uns bis in den GHz-Bereich vorwagen wollen, spielen die zusätzlichen Längen, etwa einer Thru-Kupplung oder infolge des Abstandes des Short-Kurzschlusses von der Female-Referenzebene (Abb. 2.5) eine Rolle. Der VNWA misst Phasenunterschiede, etwa zwischen der der einlaufenden Welle (Incident) und der reflektierten Welle (Reflected), vgl. Abb. 1.2. Eine Wellenlänge (2π = 360°) ist bei 1GHz 300mm lang, mit einem Verkürzungsfaktor von 0,7 in PTFE 210mm. Eine Phasendifferenz von 1° wäre dann 0,58mm. Eine Verschiebung der in Abb. 2.1 gezeigten Referenzebenen schon um zehntel Millimeter durch Hinzufügen der Kalibrierungsstandards spielt also mit zunehmender Frequenz eine immer bedeutendere Rolle.
Die in Abb. 2.5 mit Pfeilen (↔) gezeigten Längen in Picosekunden kennzeichnen die Laufzeit der elektromagnetischen Welle bzw. die Strecke, die sie während dieser Zeit zurücklegt, etwa von der Referenzebene (rot) bis zur tatsächlichen Position des Kurzschlusses im Short-Adapter. Diese Abstände werden auch "Offset" genannt. Eine Umrechnung der Offsets von ps in mm und umgekehrt ist mit dem Excel-Sheet im Download möglich.
Abb. 2.6: Signallaufzeiten (delays) für das Female Calibration Kit.
- Short: Totalreflexion (mit Phasendrehung 180°) am Kurzschluss. Die zusätzliche Laufzeit für die reflektierte Welle (Strecke a) ist hin und zurück mit Abb. 2.5: 2x26,91=53,82ps.
Diese ist zu subtrahieren, um wieder die (rote) Referenzebene im Stecker zu erhalten. - Open: Totalreflexion (gleichphasig) am offenen Ende. Die zusätzliche Laufzeit für die reflektierte Welle
(Strecke b) ist hin und zurück mit Abb. 2.5: 2x42,35=84,70ps.
Diese ist zu subtrahieren, um wieder die (rote) Referenzebene im Stecker zu erhalten.
Für den Female-Female-Adapter als Open gilt die Angabe in Abb. 2.5 rechts. Am Ende sind zusätzliche Streukapazitäten wirksam, so dass das elektromagnetische Feld noch etwas hinaus reicht. - Load: Ohne Delay. R vom Cal Kit übernehmen, Kapazität: 2fF.
- Thru: Die zusätzliche Laufzeit (Strecke c) ist in einer Richtung 42,43ps.
Diese ist zur Gesamtlänge beider Messkabel zu addieren.
Wie sähe es bei den mit Steckern konfektionierten Messkabeln bei Verwendung von Male Calibration Kits aus? SDR-Kits bietet sie alternativ von Amphenol Connex etwas preisgünstiger an. Sie sind eigentlich für Buchsen an den Kabelenden gedacht.
Abb. 2.7: Amphenol Connex Calibration Kit (Bild: SDR-Kits, Rev. 5, Mai 2017)
In Abb. 2.3 "Simple SOLT Model Settings" müssen alle Eintragungen nach Auswahl des Amphenol Connex SMA Male Kit-File (siehe Abb. 3.6) korrigiert werden, da immer der Female-Female-Adapter einzufügen ist.
Abb. 2.8: Signallaufzeiten (delays) für das Male Calibration Kit.
- Short: Die zusätzliche Laufzeit (Strecken c plus d) ist hin und zurück mit Abb. 2.7:
c = 51,54ps, d = 17,24ps, also 2x(51,54+17,24)=137,56ps (Addition Thru+Short).
In Abb. 2.7, links in der Mitte, wird 69,20ps für möglicherweise beide zusammen angegeben,
also 2x69,2=138,4ps.
Diese ist zu subtrahieren, um wieder die (rote) Referenzebene im Stecker zu erhalten. - Open: Die zusätzliche Laufzeit (Strecke b) ist hin und zurück mit Abb. 2.7: 2x51,6=103,2ps.
Diese ist zu subtrahieren, um wieder die (rote) Referenzebene im Stecker zu erhalten.
Für den Female-Female-Adapter als Open gilt die Angabe "As Open" in Abb. 2.7 links. - Load: Die zusätzliche Laufzeit (Strecke c plus Load delay) ist in einer Richtung (keine Reflexion) c = 51,54ps minus 13,5ps = 38,04ps. R vom Cal Kit übernehmen, Kapazität: 85fF.
- Thru: Die zusätzliche Laufzeit (Strecke c) ist in einer Richtung "As Thru" 51,54ps.
Diese ist zur Gesamtlänge beider Messkabel zu addieren.
Mit dem zugefügten Female-Female-Adapter handeln wir uns allerdings eine zusätzliche Fehlerquelle ein.
3 VNWA Kalibrierungsprozedur
Der VNWA unterscheidet zwischen zwei Kalibrierungen.
- Kalibrierung, "Calibration": Wird für eine bestimmte Messsituation vorgenommen, um mit dazu passenden Einstellungen optimale Präzision zu ermöglichen.
Wenn die Sweep-Einstellungen, Frequenzspanne (Start, Stop, Center) oder die Anzahl der Messpunkte, geändert werden, ist eine neue Kalibrierung fällig. Die Zeit pro Messpunkt ist davon ausgenommen. - Masterkalibrierung, "Master Calibration": Es werden umfassendere Sweep-Einstellungen vorgegeben. Innerhalb derer können für bestimmte Messsituationen alle Einstellungen geändert werden, etwa Eingrenzung der Frequenzspanne. Die Masterkalibrierung ermöglicht Interpolationen der Kalibrierungsdaten ohne erneute Kalibrierung.
Für präzise Messungen wird man jedoch eine speziell für die jeweilige Messsituation angepasste Kalibrierung vornehmen. Der Kalibrierungsvorgang unterscheidet sich zunächst nicht. Erst mit dem Abspeichern (Abschnitt 3.3) wird die Entscheidung getroffen.
3.1 Sweep-Einstellungen
Abb. 3.1: Festlegung des Frequenzbereichs, hier 1 bis 500MHz.
Für eine "universelle" Masterkalibrierung, die den gesamten Arbeitsbereich des VNWA umfasst, würde der maximale Frequenzbereich 1kHz bis 1,3GHz mit den maximal möglichen 8.192 Punkten angelegt. Die hierbei maximal mögliche Messzeit pro Punkt beträgt 3,33ms. Da hier das Rauschen störend in Erscheinung tritt, erscheinen engere Frequenzbereiche mit einer höheren Messzeit pro Punkt und damit mit weniger Punkten vorteilhaft. Die beste Genauigkeit bietet der VNWA ohnehin nur bis 500MHz.
Abb. 3.2: Sweep Settings, Messpunkte.
Bei den hier gewählten 300 Messpunkten kann die Messzeit pro Punkt bis zu 100ms betragen, ergibt 30sec für einen Sweep. Für erste Überschlagsmessungen könnte die Messzeit (Time per data point) erst einmal reduziert werden.
Abb. 3.3: Auswahl der Traces.
"Normale" Einstellungen wären z.B. S11(dB), S11(Smith) für die Eingangsreflexion und S21(dB) für die Transmission. Da nach der Kalibrierung geprüft werden soll, ob die Load mit nominal 50Ω auch tatsächlich mit diesem Wert gemessen wird (Realteil), und der Imaginärteil 0 (Null) ergibt, sind hier S11 (Real Z) und S11 (Imag Z) noch vorgewählt. Die Anzeige für Traces 4 und 5 ist zunächst deaktiviert.
Abb. 3.4: Wahl der Messrichtung, hier vorwärts (S11, S21).
3.2 Cal Kit auswählen und anpassen
Abb. 3.5: Calibration Kit auswählen (wahlweise Shortcut "k").
Abb. 3.6: Calibration Kit öffnen, hier Rosenberger SMA Female.
Abb. 3.7: Simple SOLT Model Settings prüfen und anpassen.
Die grün umrahmten Daten sind passend zum Rosenberger SMA Female Kit vorbesetzt, keine Änderung. Erklärungen dazu oben zu Abb. 2.5.
Das Load R mit nominal 50Ω ist durch den Messwert im Kit-Kästchen, hier 48.32Ω, zu ersetzen.
Abb. 3.8: Load R setzen.
Abb. 3.9: Angepasstes Calibration Kit abspeichern.
3.3 (Master-)Kalibrierung durchführen
Mit den angepassten Daten für das Calibration Kit kann nun die Kalibrierung durchgeführt werden.
Für den Fall, dass vorher mit einem anderen CalKit gearbeitet wurde, erkennbar in "Last loaded/saved: …" (Abb. 3.9), kann das gewünschte CalKit mit "Load Settings" (Abb. 3.9) neu geladen werden.
VNWA-Menüleiste: Measure – Calibrate oder Shortcut "c" (Wie Abb. 3.5):
Abb. 3.10: Kalibrierung mit Short-Adapter.
In diesem Fall wurde schon einmal eine Masterkalibrierung durchgeführt, erkennbar am Text oben (… Activated" und an den grünen "M" in den roten Ampeln. Wenn es noch keine Masterkalibrierung gibt, sind die "M" rot.
Ist eine vorhergehende Kalibrierung aktiv, erkennbar an grünen Ampeln, kann sie mit "Calibration – Invalidate" ungültig gemacht werden. Die Ampeln wechseln dann auf rot. Auch einzelne Kalibrierungen, z.B. Short, können wieder ungültig mit Klick auf die jeweilige grüne Ampel gemacht werden. Die Ampel wechselt dann auf rot. Anschließend Klick auf den zugehörigen Button.
Nacheinander die Buttons Short, Open, Load, Thru Cal und Thru Match Cal (NICHT Crosstalk Cal) klicken und den jeweiligen Anweisungen im unteren Bild folgen. Schließlich sind alle sechs Ampeln grün.
Abb. 3.11: Kalibrierung komplett.
Wenn diese Kalibrierung nur vorübergehend verwendet werden soll, ist alles getan. Das Fenster mit "Exit" schließen. Diese Kalibrierung bleibt, auch nach einem erneuten Öffnen des VNWA-Programms, erhalten, siehe unten Abschnitt 5.
Die Kalibrierung kann auch dauerhaft als Datei gespeichert werden mit der Unterscheidung
- "Cal", Calibration, speziell für eine Messsituation mit vorgegebenen Sweep-Einstellungen oder
- "MC", Master Calibration, mit der Möglichkeit, Sweep-Einstellungen nachträglich zu ändern und Interpolation der Kalibrierungsdaten.
Abb. 3.12: Abspeichern der Kalibrierung als Masterkalibrierung.
Eine "Cal"-Kalibrierung wird analog abgespeichert, in Abb. 3.12 oben: "Calibration – Save As". Zurück geholt wird ein Kalibrierungsfile entsprechend mit "…- Load".
Erkennbar ist der aktuelle Kalibrierungsstatus im VNWA-Hauptfenster links unten auf Höhe der unteren Display-Achse: Cal oder MC.
Wenn beides fehlt, ist der VNWA ist nicht kalibriert. Wer nun misst, misst Mist.
Bei Positionierung des Cursors über MC wird nach einem Augenblick der Filename des aktuell geladenen MasterCal-Files angezeigt, bei Cal nur "Reflect Thru".
4 VNWA Test der Kalibrierung
Wenn wir nun das Reflexionsverhalten der bei der Kalibrierung verwendeten Standards messen, sollten aus der S11-Messung für den Short-Standard -1, für den Load-Standard 0 und für den Open-Standard +1 zu sehen sein. Da das "Simple Model" das HF-Verhalten der Standards nur annähernd beschreiben kann, wird es keine Punktlandung bei -1, 0 und +1 geben können, insbesondere am oberen Frequenzende. Beim Load interessiert uns zusätzlich, wie genau das hier vorgegebene R‑Load = 48,32 Ω mit Re Z=48,32Ω und Im Z=0Ω wiedergegeben wird.
Nachdem wir soeben die Kalibrierung in Abschnitt 3 hinter uns gebracht haben, können wir sogleich loslegen. Wird eine andere Masterkalibrierung gewünscht, lässt sie sich mit dem File-Dialog laden:
File – Retrieve – Mastercalibration – Open Calibration File.
Hier wurde eine frische Kalibrierung verwendet, erkennbar am "Cal" links unten.
Kalibriert wurde auf die Referenzebenen in den Messkabelsteckern (rot in Abb. 2.1). In Abb. 2.6 und 3.7 ist aufgezeigt, wie die Verschiebung auf die Referenzebenen der aufgeschraubten Short- und Open-Adapter ("Adaptor Reference Plane") mit den entsprechenden Längen a und b in Abb. 2.6 bzw. negativen Delays in Abb. 3.7 berücksichtigt wurde. Einzig Load verschiebt die Referenzebene nicht.
Abb. 4.1: Sweep der Calibration Kit Load 48,32Ω.
Re Z = 48,32Ω wird im gesamten Frequenzbereich recht genau wiedergegeben. Der rote Cursor liegt gut in der Mitte des Smith-Charts (Reflexion ~0).
Der Mismatch 50 zu 48,32Ω ergibt rechnerisch einen Return Loss -35,35dB.
Der z.B. bei 100MHz gemessene Return Loss -35,33dB (S11) entspricht einem Mismatch 50 zu 48,317Ω.
So nachzurechnen:
Diese Formeln sind in einem kleinen Excel-Sheet im Download programmiert.
Dann prüfen wir noch Open und Short:
Abb. 4.2: Sweep mit offenem TX-Stecker (ohne Thru Connector).
Da hier im Gegensatz zur Kalibrierung nach Abb. 2.6 der Thru Connector nicht eingeschraubt ist, wird bis zur TX-Kabelstecker-Referenzebene gemessen. S11 liegt da, wo es im Smith-Chart sein soll, z.B. auf +1,00-i0,01 bei 100MHz.
Abb. 4.3: Sweep des Calibration Kit Short.
Der Punkt -1,00 im Smith-Chart wird nur annähernd genau getroffen, schlechter mit zunehmender Frequenz, z.B. -0,99 + i0,16 bei 500MHz.
Short wurde mit einem Delay von -53,82ps (Abb. 3.7) für die hin- plus rücklaufende Welle kalibriert. Die einfache Strecke, Länge a in Abb. 4.4, entspricht also 26,91ps. Der tatsächliche Kurzschluss ist also um die Laufzeit 26,91ps von der Stecker-Referenzebene entfernt.
Was wäre, wenn wir diese Strecke rechnerisch eliminieren und damit die Stecker-Referenzebene (rot in Abb. 4.4) und den physikalischen Ort der Kurzschlusses zur Deckung bringen? Das ist mit "Port Extensions" (Menü: Measure – Port Extensions) möglich.
Abb. 4.4: Verschiebung der Connector reference plane mit positiver Port Extension.
Abb. 4.5: Mit Port Extension +25,91ps berechneter Plot des Calibration Kit Short.
Nun, da die Stecker-Referenzebene mit der Port Extension rechnerisch auf die Position der Kurzschlusses verschoben wurde, ist ein "sauberes" S11 = -1,00+i0,00 im gesamten Frequenzbereich zu sehen. Das zeigt zunächst, dass dort tatsächlich ein Kurzschluss mit Totalreflexion vorhanden ist. Mit Abb. 4.3 müssen wir aber zur Kenntnis nehmen, dass die Parametrierung des Short mit dem Delay im "Simple Model" die physikalische Wirklichkeit nur annähernd wiedergeben kann, gerade am oberen Frequenzende. Das gilt entsprechend auch für die anderen Standards Open und Load.
Eine kugelsichere Überprüfung der Kalibrierung ist das nicht. Wir haben ja die Sweeps mit eben diesen Kalibrierungsstandards durchgeführt.
Für einen belastbaren Nachweis für die Güte der Kalibrierung braucht es einen weiteren von den verwendeten SOL-Standards unabhängigen Standard. Bewährt hat sich die Reflexionsmessung an einem geraden Semi-Rigid-Koaxkabel. Norbert, DG1KPN, hat dazu ein Messergebnis mit einem anderen Kalibrierungsstandard zur Verdeutlichung beigesteuert.
Abb. 4.6: S11-Messung an einem 35,5cm langen offenen Semi-Rigid-Koax.
- Die violette Spirale im Smith-Chart beschreibt die Dämpfung im Kabel, startend bei +1,00+i0,00 für die Reflexion am offenen Ende, nach innen abnehmend mit der Frequenz. Sie muss innerhalb der Kreisbegrenzung des Smith-Chart liegen – tut sie auch.
- Die rote S11-Kurve mit einer Auflösung von 0,1dB/Division fällt wegen der Dämpfung mit zunehmender Frequenz ab. Die Welligkeit mit einer Spanne von ca. +0,02dB bei 50MHz bis ‑0,22dB bei 500MHz ist ein Indiz für die doch recht geringe Abweichung der Kalibrierung. Je enger die "Wellenmodulation" über die Frequenz ist, umso besser charakterisiert das "Simple Model" die Kalibrierungsstandards. Abnutzung durch häufigen Gebrauch wird eine Erweiterung der "Modulation" zur Folge haben.
5 VNWA Autosave und Instrument State
Praktisch und bei der Installation als Default eingestellt ist ein Autosave der aktuellen Einstellungen (letzte Messung mit Markern, Settings und Kalibrierung). Einsehbar und änderbar im Hauptfenster mit "File – Save (oder Retrieve) – Autosave Memory Spaces" (mit Haken davor).
Mit "Instrument State" bietet der VNWA zusätzlich eine dauerhafte Speicherung der Einstellungen aus verschiedenen Messvorhaben, erreichbar aus dem Hauptfenster
"File – Save (oder Retrieve) – Instrument State".
Wie vor dem Abspeichern der Kalibrierung kann ein "Comment" (Abb. 3.12) zur näheren Identifizierung des Instrument State-Files eingegeben werden. "Sprechend" sollte auch der Filename sein, etwa als Kopie des Comment. Gespeichert wird das Instrument State-File als "Zipped backup File" (.zis). Näheres dazu im VNWA-Help an mehreren Stellen. Man muss etwas suchen.
Dem VNWA-Könner Norbert, DG1KPN, danke ich für das Korrekturlesen des Manuskripts und wertvolle Hinweise.
Diese Seite gibt es auch als .pdf im Download. Änderungen an dieser Seite werden jedoch nicht mehr nachgeführt.
Referenzen
[1] https://www.dg8saq.darc.de/
[2] https://www.sdr-kits.net/DG8SAQ-VNWA-software-documentation-user-guide
[3] https://www.hamcom.dk/
[4] https://www.box73.de/product_info.php?products_id=3116
[5] https://www.box73.de/product_info.php?products_id=3816
[6] http://www.gunthard-kraus.de/VNWA3/VNWA-Tutorial.pdf
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