Amateurfunk verbindet die Welt

2.1 RX-Frontend

Erstellt: DL6GL, 29.12.2012, letzte Änderung 26.02.2016

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2.1.1  Das Frontend in der Gesamtsicht

Abb. 2.1.1:  Gesamtes Frontend

Das Frontend ist modular mit Steckkarten aufgebaut, die Ausführung zeigt Abb. 2.1.2.
Module von rechts nach links :

  • RX-Zweig: Nach dem Antenneneingang schaltbarer 6-/12-/18 dB-Abschwächer
    TX-Zweig: 10 dB-TX-Vorverstärker zum Ausgang TX out
    RX-/TX Umschalter
  • Bandfilter mit insgesamt 8 Steckkarten und Band switch, Umschaltung per I2C vom LO aus
  • ZF-Notchfilter und 6 dB-RX-Vorverstärker.

Hier wird die Revision 1 von Juni 2012 des Frontends [2] vorgestellt. Es waren doch noch einige Verbesserungen erforderlich.

Abb. 2.1.2: Frontend-Steckkarten im Gehäuse

Alle Steckkarten und das Motherboard sind in doppelseitig kaschiertem FR4 ausgeführt, Rückseite als durchgehende Massefläche mit diversen Bohrungen für eine Durchkontaktierung.


2.1.2  Grundkonzept

Ursprünglich angeregt vom Konzept des Pic-A-Star von Peter Rhodes, G3XJP [3], weiterhin vom modularen Aufbau von Martein Bakker, PA3AKE, [4], sollte das Frontend des vorhandenen RX komplett neu entworfen werden. Auf den ersten Blick sind die in beiden Konzepten verwendeten Bandfilter ähnlich. Der "kleine" Unterschied besteht in den Shunt-Kondensatoren an den Enden der Bandfilter bei PA3AKE. Diese bewirken eine Impedanztransformation, so dass die Induktivitäten und damit die Spulenverluste insbesondere in den unteren Bändern geringer sind. ELSIE [5] lässt die Berechnung solcher Bandfilter nicht zu. Freundlicherweise ermöglichte mir Markus Hansen, VE7CA [6], den Zugang zu seiner Design-Seite für Berechnungen. Mehrere Filter vom Typ Chebyshev mit 0,1 dB Ripple wurden berechnet, aufgebaut und getestet. Das Ergebnis war entmutigend. Alle Filter zeigten unbeeindruckt aller Abgleichmaßnahmen eine Welligkeit im Durchlassbereich von bis zu 1,5 dB. Die parallel zu den Shunt-Kondensatoren unvermeidbare Streukapazität, hier die Koax-Kabel zum NWT, hatte offenbar Fehlanpassungen zur Folge. Prinzipiell wäre dies durch Optimieren der bereits reduzierten Werte der Shunt-Kondensatoren zu kompensieren gewesen, was aber zu umständlich erschien, zumal der Einfluss der zuschaltbaren Module vor und hinter dem Bandfilter noch zu untersuchen gewesen wäre. Die traumhaften Werte von PA3AKE waren auf alle Fälle nicht zu erreichen. Dennoch, die Ausarbeitung von PA3AKE ist lesenswert.

Im Frontend gibt es eine Menge zu schalten. Frage ist, wo elektronische Schalter und wo Relais Vorteile ausspielen können. Der Einsatz von HF-Schaltdioden wurde erst gar nicht in Betracht gezogen. Peter Rhodes, G3XJP, schaltet im Pic-A-Star praktisch alles mit den CMOS Bus switches FST3125/3126. Daneben werden sie auch im H-Mode-Mixer verwendet. Daher wurde vorab das Durchlass- und Sperrverhalten eines solchen CMOS-Schalters mit dem Netzwerktester untersucht. Ergebnis in Abb. 2.1.3.

Abb. 2.1.3: Messanordnung für den NWT, hier Durchgang "Ein".

Abb. 2.1.4: Durchlass- und Sperrverhalten eines FST3126-CMOS-Schalters.

Mit einem Durchlasswiderstand nach Datenblatt von 4Ω zeigt sich in der 50Ω-Umgebung des Netzwerktesters eine Durchlassdämpfung von ca. 0,6 dB zwischen 1 und 35 MHz. Bei 40 MHz sind es schon 1 dB. Die Sperrdämpfung zeigt ein typisches Kondensatorverhalten, z.B. 33 dB bei 30 MHz. Das ist besser als ein offener Relaiskontakt.

Umschalter benötigen eine Ansteuerlogik mit zusätzlichem Platzbedarf auf der Platine, und sei es nur das Negieren mit einem NPN-Transistor. Hier sind Subminiaturrelais im Vorteil. Ergebnis dieser Betrachtung: Alle Schalter, die nur sporadisch zu betätigen sind, z.B. Abschwächer und Bandfilter, werden altmodisch mit Relais ausgestattet. Lediglich die permanent zu betätigende Sende-Empfangsumschaltung erhält einen geräuschlosen elektronischen Schalter. Die FST3125 / CBT3125 sind z.B. bei Mouser, Farnell, Digikey und bei SV1AFN zu haben.

So ganz unproblematisch wie aus dem Originalentwurf des PicAStar übernommen ist die Anwendung der Bus Switches als Analogschalter wohl doch nicht. Siehe hierzu [10]. M0RJD schlägt eine deutlich niedrigere Vorspannung als die in Abb. 2.1.3 gezeigten 2,5V vor.

Nachfolgend werden die einzelnen Module in der Reihenfolge von der Antenne bis zum Mischer beschrieben.


2.1.3  RX-Abschwächer, RX/TX-Umschalter und TX-Vorverstärker

Das Empfangssignal durchläuft von der Antenne (Anschluss 8 in Abb. 2.1.5) wahlweise zuschaltbare 6 und 12 dB-Abschwächer und den RX/TX-Umschalter zum Anschluss 2 (Bandfiltereingang). Die Zuschaltung der Abschwächer erfolgt mit Omron G6H-2-Relais, über deren Kontakte jeweils ein geringer Strom zur Reinigung geführt wird (DC-wetting).

Abb. 2.1.5: RX-Abschwächer, RX/TX-Umschalter und TX-Vorverstärker

Auch wenn bei der Bandfilterumschaltung Relais statt der CMOS-Bus switches [3] gewählt wurden, kommen letztere bei der RX/TX-Umschaltung entgegen der Version in [2] nun doch zum Einsatz, um die Sende-Empfangsumschaltung vollends geräuschlos hinzubekommen. Zur Wahl standen FST3126 wie im PicAStar [3] oder Pin-kompatible FST3125. Sie unterscheiden sich in der Ansteuerlogik. FST3126 haben positive Logik (Schalter schließt bei positiver Steuerspannung), FST3125 haben negative Logik (Schalter öffnet bei positiver Steuerspannung). Da die FST3125 auch im H-Mode-Mixer eingesetzt werden, sollte es auch hier dabei bleiben. Im RX-Zweig sind drei der vier CMOS-Schalter parallel geschaltet, um Signalverluste zu minimieren.

Das Sendesignal gelangt vom Anschluss 2 (Bandfilterausgang) über den RX/TX-Umschalter zum TX-Vorverstärker. Der Verstärker wurde nach W7ZOI mit dem Excel-Programm (an anderer Stelle auf dieser Website) für einen Collectorstrom von ca. 10 mA berechnet. Die Gesamtverstärkung einschl. 6dB-Abschwächer beträgt ca. 13 dB, Abfall bei 1 MHz auf ca. 11 dB. Mit dem 6dB-Pi-Glied am Verstärkerausgang wird ein sauberer 50Ω-Abschluss erreicht. Der Ausgangstransformator ist mit 9 bifilaren Windungen auf einem FT23-43 zugunsten der hohen Bänder ausgelegt, da die PA dort schon etwas schwächelt. Wer Wert auf eine bessere Verstärkung im 160 m-Band legt, wickelt besser 10 Windungen.

Update 10.03.2016:
Der TX-Preamplifier (Abb. 2.1.5, T6) ist etwas schwachbrüstig, um die PA voll auszusteuern. Er wurde durch einen zweistufigen Verstärker ersetzt. Beschreibung einschl. PCB im Download.


2.1.4  Die Bandfiltergruppe

Das Design entspricht dem von G3XJP [3]. Berechnungen gehen mit ELSIE [5] (Option Mesh capacitor-coupled bandpass) komfortabel von der Hand. Die Filter haben Chebyshev-Charakteristik mit 0,01 dB Ripple. 0,1 dB-Ripple-Filter hätten den Vorteil einer etwas höheren Flankensteilheit, was aber auch mit einer höheren Durchlassdämpfung erkauft werden muss.

Abb. 2.1.6: Schaltung der Bandfiltereinheit

Die Schaltung (Abb. 2.1.6) zeigt oben das 160 m-Filter im Detail. Die restlichen Filter sind bis auf andere Bemessungen der Bandpässe (L1 bis L3 und C1 bis C5) identisch. Über die Relais an den Ein- und Ausgängen wird jeweils ein Filter in den Übertragungsweg geschaltet. Alle anderen liegen im Ruhezustand auf Masse. Die Widerstandsketten R1 bis R3 und R4 bis R6 an den Anschlüssen 3 und 10 lassen einen geringen Strom über die Kontakte zur Reinigung fließen. Entsprechend der Detaildarstellung für 160 m ist jedes Bandfilter auf einer Steckkarte untergebracht. Die grau hinterlegten eingerahmten Ziffern geben die jeweiligen Kontaktnummern auf den Steckkarten und dem Motherboard an.

Die in der unteren Hälfte von Abb. 2.1.6 eingerahmte Band switch-Einheit sitzt ebenfalls auf einer eigenen Steckkarte. Der PCF8574A setzt seriell I2C (SCL und SDA) vom AVR im VFO auf parallel 8 Bit um (P0 bis P7), die ihrerseits den ULN2803 zum Durchschalten der Relais ansteuern. Alle Bauteile außerhalb der grau hinterlegten Steckkarten befinden sich auf dem Motherboard. Die Drosseln und Abblockkondensatoren verhindern das Übersprechen der Bandfilter-Ein- und Ausgänge über die Zuleitungen. Doppelte Steckkontakte verbessern das "Stehvermögen" der Karten, insbesondere aber die Masseverbindungen zum Motherboard.

Statt der TOKO-Spulen im Pic-A-Star standen nur Ringkerne aufgrund der höheren Güte und damit geringeren Durchlassdämpfung zur Diskussion. Für die von PA3AKE wegen des besseren IMD-Verhaltens eingesetzten T80- bzw. T94-Kerne war kein Platz (aus meiner Sicht schon ein wenig Overkill). Es wurden T68-Kerne mit reichlich Platz für stärkere Drähte gewählt. Immerhin, das schon im Vorläufer verwendete Steckkartenkonzept wurde wie bei PA3AKE beibehalten. Als Kondensatoren kamen Styroflex (große Kapazitäten) [7] und keramische COG/NP0, sowohl bedrahtet als auch SMD 1206 [8], zum Einsatz. KERKO's zweifelhafter Herkunft scheiden grundsätzlich aus. Ein Ausmessen der Shunt-Kondensatoren C4/C5 ist absolut notwendig. Die keramischen Trimmer [8] sind stehende (gewinkelte) Ausführungen im Raster 5/2,5 mm, um einen Abgleich auch im eingebauten Zustand zu ermöglichen.

Abb. 2.1.7: 17+15m-Bandfilter

Abb. 2.1.8: Bandfilter Rückseite

Obwohl der VFO über I2C alle 10 Kurzwellenbänder schalten könnte, wurden aus Platzgründen nur acht Filter vorgesehen. Wie im Pic-A-Star teilen sich die benachbarten Bänder 17+15 m sowie 12 + 10 m jeweils ein recht breites Bandfilter. Ob sich dieses Konzept in Bezug auf die Spiegelfrequenz-unterdrückung bewährt, muss sich noch herausstellen.

Die Durchlassdämpfung nimmt mit kleiner Bandbreite zu. Es wurde daher ein Kompromiss zwischen Bandselektion und Dämpfung gesucht, so dass alle Filter deutlich breiter als die jeweiligen Bänder ausgelegt sind. Die Berechnungsergebnisse (Chebyshev 0,1 und 0,01 dB Ripple) sind in einer Excel-Mappe im Download zusammengefasst.


2.1.5  ZF-Notchfilter und RX-Vorverstärker

Nachdem im RX-Zweig das Antennen-Signalspektrum auf das gewünschte Band eingegrenzt ist, folgt noch die wahlweise Verstärkung ggf. zu schwacher Signale insbesondere in den höheren Bändern.

Abb. 2.1.9: ZF-Notchfilter und RX-Vorverstärker

Wie das Bandfilter wird dieses Modul in beiden Richtungen betrieben. Das ZF-Notchfilter ist immer im Signalweg (RX vom Bandfilter und TX vom Mischer). Im RX-Betrieb kann wahlweise ein ca. 6 dB-Norton-Verstärker eingeschleift werden. Die Gegenkopplung erfolgt über die Wicklung 1a-1b des Ausgangstransformators ("noiseless Norton Amplifier"). Das Wickelschema für den Doppellochkern ist in Abb. 2.1.9 angegeben. Beim Anschluss sind die mit Punkten gekennzeichneten Phasen zu beachten. Bei Falschpolung hat man einen Oszillator.


2.1.6  Messergebnisse

Zunächst war die Frage zu klären, ob sich der BUS switch FST/CBT3125 tatsächlich als Signalschalter für HF bewährt, d.h. geringe Durchlass- und hohe Sperrdämpfung. Die IMD-Festigkeit wurde nicht gemessen.

Abb. 2.1.10: Der RX-Eingang, Schaltung Abb. 2.1.5.

In Stellung "Durchzug" (Abschwächer überbrückt) liegt die Einfügedämpfung bis zum Anschluss 2 (Eingang zum Bandfilter, Abb. 4) im Bereich 1 bis 40 MHz zwischen 0,2 und 0,6 dB. Die Sperrdämpfung (+12V TX an Anschluss 9 in Abb. 4 aktiviert) startet mit 55 dB bei 1 MHz, beträgt 44 dB bei 15 MHz und landet mit 35 dB bei 40 MHz. Das alles ist recht ordentlich.

Die Abschwächer liefern 6 +/- 0,2 bzw. 13 +/- 0,2 dB im Bereich 1 bis 40 MHz, wobei die Schwankungsbreite hauptsächlich aus der Anzeigequantisierung des NWT herrührt.

Der TX-Vorverstärker kann bis zu ca. 5 dBm (~ 1,1 Vss an 50 Ohm) am Scope beurteilten sauberen Sinus abliefern. Die Verstärkung einschl. -6 dB-Pad beträgt zwischen 5 und 40 MHz ca. 13 dB, bei 1 MHz ca. 11 dB. Mit 10 statt 9 Windungen des Ausgangsübertragers könnte der niederfrequente Abfall angehoben werden. Das trifft auf die ursprüngliche, in Abb. 2.1.5 gezeigte Version zu. Die Daten zur Update-Version 2016 sind im Download zu finden.

Abb. 2.1.11: Gesamtverstärkung des TX-Vorverstärkers, Schaltung Abb. 2.1.5.

Die nachfolgenden Durchlasskurven zeigen die Ergebnisse nach Einbau in das Frontendgehäuse und Abgleich beispielhaft für 80 m und das Kombi-Filter 12+10 m. In diesem Entwicklungsstadium habe ich mir dann endlich einen FA-NWT zugelegt, was ich schon früher hätte tun sollen. Das mühsame Aufnehmen der oben gezeigten Grafiken mit einem HF-Generator und MS Excel hat sein Ende gefunden. Nun war Spaß angesagt.

Bis auf die relativ schmal ausgelegten 30- und 40 m-Filter mit Durchlassdämpfungen von 3,3 bzw. 4,1 dB liegen die anderen Filter bei ca. 1 bis 2,7 dB. Der Abgleich mit den drei Trimmern erwies sich mit etwas Geduld dank NWT als problemlos. Der mittlere Trimmer beeinflusst die Mittenfrequenz, mit den beiden äußeren lässt sich der Durchlassbereich optimieren. Die Messergebnisse aller Filter sind in einer Excel-Mappe im Download zusammengefasst.

Abb. 2.1.12: 80 m Nahbereich, Einfügedämpfung (Marker) 1,0 dB

Abb. 2.1.13: 80 m Weitbereich, mit 9 MHz-Notch in der oberen Flanke

Abb. 2.1.14: 12+10 m Nahbereich, Einfügedämpfung (Marker) 1,6/1,4 dB

Abb. 2.1.15: 12+10 m Weitbereich, mit 9 MHz-Notch in der unteren Flanke


Referenzen

[ 1] Georg Latzel, VFO für 160 bis 2 m mit Silicon Labs Si570, Amateurfunk Sonderheft 2011
[ 2] Georg Latzel, Ein Kurzwellen-Frontend zum Si570-VFO, Amateurfunk Sonderheft 2012
[ 3] Peter Rhodes, G3XJP, Pic-A-Star, http://www.tracey.org/wjt/temp/picastar-all.pdf
[ 4] Martein Bakker, PA3AKE, http://www.xs4all.nl/~martein/pa3ake/hmode/bpf_intro.html
[ 5] Tonne Software, ELSIE, http://tonnesoftware.com/elsie.html
[ 6] Markus Hansen, VE7CA, http://www.ve7ca.net/
[ 7] z.B. http://de.farnell.com/
[ 8] (mit etwas Glück, passende Teile zu finden) http://www.oppermann-electronic.de/
[ 9] https://www.reichelt.de/
[10] http://www.m0rjd.co.uk/bus-switches.html

           

Download                     

frontend_2012_schaltung_gesamt.pdf       

frontend_2012_platinen.zip       

bandfilterberechnung_elsie_ve7ca_pa3ake_2010.zip     

bandfilter_durchlasskurven.pdf

update_trx-frontend_tx_preamplifier_2016.zip.


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