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3.6 20W PA-Tiefpassfilter

Erstellt: DL6GL, 27.12.2011, letzte Änderung 03.07.2017

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» 3.7 Klapperfreies Antennenrelais

Hinweis vorab:
Zu Beginn sollte geklärt werden, wo geeignete Kondensatoren beschafft werden können. Die Spannungsfestigkeit sollte mindestens 100V betragen. Für geringe Verluste im Durchlassbereich kommen nur hochwertige Ausführungen in Frage wie Glimmer/Mica, COG/NP0 und ggf. WIMA FKP-2 - KERKO-500 zählen, wenn überhaupt nur für kleine Werte, nicht dazu. Was die Kondensatoren verbraten, verbiegt die Durchlasskurven und fehlt an der Antenne.
Für einen kompakten Aufbau wurden hier SMD 1206 COG-Kondensatoren verwendet, Spannungsfestigkeit ab 100V aufwärts. Bei reichelt.de, conrad.de und vielen anderen hört die SMD-Welt aber schon bei 50V auf.

Reichelt hat inzwischen (2017) nachgebessert und bietet mit dem Sortiment von RND components auch NP0-SMD mit bis zu 2.000V Spannungsfestigkeit an.


3.6.1  Vorüberlegungen

Da die geplante 20W-PA eine Gegentaktendstufe hat, ist eine Unterdrückung der zweiten Harmonischen so um die 30-40 dB, der dritten jedoch nur um 20-25 dB zu erwarten. Ein Tiefpass mit Cauer-Charakteristik und erstem Pol auf der zweiten Harmonischen ist also nicht unbedingt erforderlich. Stattdessen wurde ein Chebyshev-Filter der Ordnung 7 gewählt. Wie schon beim Frontend leistete ELSIE [1] bei der Auslegung treue Dienste.

Um zu sehen, wie weit Berechnungen und reale Aufbauten übereinstimmten, erfolgten zunächst Tests mit einem 80m- und einem 20m-Filter. Daraus ließ sich zuerst ableiten, dass eine Cut off-Frequenz von 7 bis 10% über der oberen Bandgrenze ein akzeptabler Ansatz war. Gewählt wurde 10%, für das 20m-Band also z.B. 14,35 x 1,1 = 15,785 MHz.
Der zweite Parameter, der Chebyshev-Ripple, wurde "nach Gefühl" gewählt. Aus Veröffentlichungen anderer Autoren, z.B. [2], [3] [4], wurden mit ELSIE-Simulationen Werte von 0,1 bis 0,001 dB reproduziert. Ein hoher Ripple bewirkt eine steiler abfallende Flanke, dabei allerdings eine geringe Rückflussdämpfung (return loss) bzw. ein höheres VSWR. Beispiele für 20m mit Ripple 0,1, 0,05 und 0,01 dB nachfolgend:

Abb. 3.6.1: 20m ELSIE Chebyshev 0,1 dB Ripple, Transmission und VSWR.

Abb. 3.6.2: 20m ELSIE Chebyshev 0,05 dB Ripple, Transmission und VSWR. 

Abb. 3.6.3: 20m ELSIE Chebyshev 0,01 dB Ripple, Transmission und VSWR

Ein Ripple von 0,05 dB erschien ein guter Kompromiss zwischen Flankensteilheit und VSWR. Mit diesen Daten (Cut-off-Frequenz 10% über der oberen Bandgrenze und Chebyshev 0,05 dB Ripple) ergab die ELSIE-Berechnung:

Abb. 3.6.4: ELSIE-Berechnung

fu = obere Bandfrequenz, fc = Grenzfrequenz (cut off), IL = Durchlassdämpfung (insertion loss).

Wie im Frontend teilen sich die benachbarten oberen Bänder 12+10m sowie 17+15m je einen Tiefpass. Zusätzlich zusammengefasst sind 30+20m und 60+40m.


3.6.2  Schaltung

Das Schaltungsprinzip wiederholt im Wesentlichen das des Frontendbandfilters. Die Filter werden über den ULN2803 mit Relais jeweils in den Signalpfad geschaltet. Die Doppelkontakte der Fujitsu-Relais NA12WK (Spule 12V/12 mA, Polarität beachten!, 2 Wechsler 2A, Schaltleistung 30W, Schaltspannung 250 VAC, bei reichelt.de erhältlich) sind parallel geschaltet. Die Ansteuerung per I2C vom Microcontroller im Si570-LO (siehe RX-Signalpfad - Local Oscillator (VFO)) besorgt ein PCF8574A, I2C-Adresse 74 hex. Der PCF8574 hat einen kleinen Nachteil in der Schaltung mit dem ULN2803. Nach dem Einschalten und vor dem ersten Ansprechen über I2C liegen alle Ausgänge P0 bis P7 hoch, so dass über den ULN2803 alle Relais angezogen sind. Das schlägt dann mit ca. 140 mA zu Buche. Ab der Version 3.02 der Si570-LO-Software wird dem so begegnet, dass Frontendbandfilter und Tiefpassfilter unmittelbar mit dem Einschalten des TRX angesteuert werden.

Von der Maximalauslegung mit 12 Bändern von 160 bis 2m in der Si570-LO-Firmware V1 und V2 wurde wieder Abstand genommen. Das Frontend-Bandfilter beschränkt sich auf die 8 Kanäle eines PCF8574A, entsprechend ein PCF8574A im Tiefpassfilter. Um die Konfiguration des Tiefpassfilters unabhängig von der Si570-LO-Firmware vornehmen zu können, werden die Kanäle von Frontend-Bandfilter und Tiefpassfilter über eine Diodenmatrix gekoppelt, hier also 8 Frontend-Kanäle auf 6 Tiefpass-Kanäle. Die aktualisierte Si570-LO-Firmware V3 steht im Download (RX-Signalpfad - Local Oscillator (VFO)) zur Verfügung.

Abb. 3.6.5: Tiefpass Gesamtschaltung.


3.6.3  Ausführung

Als Hauptproblem erwies sich die Beschaffung geeigneter Kondensatoren für die Tiefpässe. Dem Sortiment von reichelt.de folgend wurden zunächst einige Kondensatoren beschafft (Glimmer, WIMA FKP-2 und KERKO-500, bis 100p wohl noch brauchbar, SMD 1206 ≥ 100V: Fehlanzeige). Damit gestaltete sich das Platinenlayout doch ziemlich ausladend. So viel Platz war im TRX-Gehäuse nicht mehr.

SMD-Kondensatoren könnten platzsparend auf der Leiterseite untergebracht werden, womit sich die Ringkerne auf der Oberseite enger zusammenrücken lassen. Gesucht und schließlich eingesetzt wurden Bauform 1206, Material COG/NP0 (!), Spannungsfestigkeit ≥ 100V. Eine zeitraubende Google-Suche fand bei mercateo.de schließlich alles, was gebraucht wurde. Bestellt wurden je Wert 20 Stück zum Ausmessen über eine Firma, da Mercateo nur Firmenkunden beliefert. de.mouser.com oder rfw-elektronik.de wären auch noch eine Quelle. Egal wo, es geht richtig ins Geld.
Inzwischen, 2017, hatte reichelt.de doch ein Einsehen und bietet 1206 NP0-Kondensatoren der Firma RND mit hoher Spannungsfestigkeit bis 2,2nF zu freundlichen Preisen an.

Abb. 3.6.6: Tiefpass, Auswahl der Bauteile

Für 20W Ausgangsleistung sind T50-Kerne ausreichend. Im 160m-Band werden T68-Kerne eingesetzt, da auf einem T50-Kern die Windungszahl mit 0,6 CuL nicht unterzubringen ist. Ein Ausmessen der Bauteile, Kondensatoren wie erst recht der Ringkernspulen, ist unerlässlich. Aufgrund der Toleranzen lassen sich die Kondensatoren halbwegs auf Sollwert selektieren, daher etwas mehr bestellen. Kritisch sind geringe Abweichungen aber offenbar nicht.

Wie in Abb. 3.6.5 angedeutet, besteht das Tiefpassmodul aus zwei gleich großen Platinen, die über Steckkontakte miteinander verbunden sind: (1) die sechs Tiefpässe und (2) die Ansteuerung, siehe Abb. 3.6.7. Die Tiefpassplatine ist doppelseitig, Rückseite als Massefläche mit Durchkontaktierungen. Die Bestückung ist gemischt: SMD-Kondensatoren und Relaisdioden auf der Leiterseite, Rest von der Rückseite durchgesteckt, Bohrungen entsprechend gesenkt. Die Steuerungsplatine ist einseitig, Bestückung komplett auf der Leiterseite. Für die Drosseln sind mehrere Varianten möglich: Ringkerne im Raster 5 mm wie in Abb. 3.6.9, axiale MICC- oder SMCC-Drosseln oder SMD 1210 LQH3N (reichelt.de). Die Platinen sind in bewährter Manier mit CorelDraw und dem Lasertoner-Transferverfahren hergestellt.

Zur Bestückung der Tiefpässe wurden zunächst die ausgemessenen Kondensatoren verlötet und die Gesamtkapazitäten kontrolliert. Sie lagen im Rahmen der Berechnungen. Anschließend wurden die Ringkerne durch Stauchen bzw. Strecken der Wicklungen auf den Sollwert getrimmt und dann eingelötet.

Beide Platinen sind über Steckkontakte für die Relaisversorgung verbunden. Verwendet werden die Kontaktbuchsen SPL xx und die Adapterleisten AW 122/xx von reichelt.de. Die kleine metallische Verdickung an den Kontaktbuchsen ermöglicht ein Verlöten auf der Leiterseite. Das geht bei den Buchsenleisten BL 1X... von reichelt.de nicht. Hier ist Präzision beim Einlöten gefragt: Zuerst jeweils den inneren Pin der Kontaktbuchsen auf der Leiterseite der Tiefpassplatine nach Augenmaß senkrecht einlöten. Dann die Adapterleisten in die Buchsen stecken und die Steuerungsplatine mit der Leiterseite nach oben auflegen, so dass die Pins der Adapterleisten in alle Bohrungen passen. Ggf. den Sitz der Buchsen mit dem Lötkolben korrigieren. Nun die Pins der Adapterleisten auf der Steuerungsplatine verlöten. Anschließend die zweiten Pins der Buchsen auf der Tiefpassplatine verlöten, ohne die Steuerungsplatine zu entfernen. Danach werden die Dioden zwischen die Anschlüsse der Relaisspulen gelötet.

Abb. 3.6.7: Tiefpass Seitenansicht, unten die aufgesteckte Steuerungsplatine.

Abb. 3.6.8: Tiefpass Leiterseite (doppelseitige Platine).

Abb. 3.6.9: Tiefpass Steuerung (einseitige Platine)

Einen Streich haben mir die Relais gespielt. Sie sind gepolt (+-Zeichen in Abb. 3.6.5). Das habe ich beim ersten Platinenlayout nicht beachtet, so dass die untere Relaisreihe in den Abb. 3.6.8 und 3.6.9 falsch gepolt nicht anzog. Im Prototyp mussten daher die Anschlüsse mit Drahtbrücken getauscht werden, was ich in den Abbildungen dann doch nicht präsentieren wollte. Die Platinenlayouts im Download sind entsprechend korrigiert.


3.6.4  Messungen

Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die Messungen (Transmission und VSWR) mit dem FA-NWT. Bei der VSWR-Messung mit dem Reflexionsmesskopf ist das abseitige Ende des Tiefpasses mit 50 Ohm abgeschlossen. Die Messpunkte 1 bis 3 wurden jeweils auf die obere Bandgrenze fu und die jeweiligen Harmonischen 2 x fu und 3 x fu gelegt. Die Durchlassdämpfung mit 0,39dB, bei 40m mit 0,59dB, bei 80m sogar mit 0,89dB, enttäuscht etwas. Die Sperrdämpfungen sollten ausreichen. Das VSWR liegt mit 1,1 bis 1,26 im erwarteten Rahmen, Ausnahme bei 10m mit 1,35. Insgesamt aber so schlecht auch wieder nicht. Leider sind mir Messungen anderer Autoren zum Vergleich nicht bekannt.

 


Abb. 3.6.10: Durchlasskurven für die Bänder 160 bis 10m.


Referenzen

[1] Tonne Software, ELSIE, http://tonnesoftware.com/elsie.html
[2] Chebyshev 0,1 dB: http://www.dl4jal.eu/picastar_dl4jal/tp.html
[3] Chebyshev 0,01 dB: http://www.radio-kits.co.uk/radio-related/G4TZR_LPF/G4TZR_LPF.htm
[4] Chebyshev 0,001 dB: http://www.gqrp.com/harmonic_filters.pdf
 

           

Download                       

20w_pa_lowpass_schaltung.zip        

20w_pa_lowpass_platinen.zip


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