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Messungen an Richtkopplern mit dem VNWA

Erstellt: DL6GL, 23.04.2021, letzte Änderung 03.05.2021

Gemeinschaftsarbeit von DG1KPN und DL6GL.

Mit Richtkopplern zur Messung von HF-Leistung und VSWR haben wir uns auf dieser Website mehrfach beschäftigt. Siehe ATU 2017, ATU 2016, Digitales SWR-/Powermeter- PEP, Digitales SWR-/Powermeter. Sie basieren für den Kurzwellenbereich auf dem als "Tandem Match Coupler" bekannt gewordenen Patent von Carl G. Sontheimer und Raymond E. Frederick.

Coupler Tandem match

Abb. 1: Tandem Match-Koppler (eine der möglichen Ringkernanordnungen).

Über die an den Messausgängen 3 (Incident/Coupled) und 4 (Reflected/Isolation) ausgekoppelten Spannungen lassen sich die in den Eingang 1 eingespeiste Leistung und die vom Ausgang 2 ggf. reflektierte Leistung und damit das VSWR bestimmen. Am Ausgang 2 wird in der Regel noch ein Anpassungsglied (Tuner/Matchbox) eingeschleift, um die angeschlossene Antenne an die Systemimpedanz 50Ω bei der vorgegebenen TX-Frequenz anzupassen. Hier handelt es sich um einen Transformatorkoppler, HF-Transformatoren für die Strom- und die Spannungsauskopplung. In einer einfacheren Ausführung als "Bruene-Koppler" erfolgt die Spannungsauskopplung mit einem kapazitiven Spannungsteiler. Anwendungsbereich für beide: HF bis ca. 50MHz mit jeweils geeigneten Ringkernwerkstoffen. Siehe auch hier.

Im VHF-/UHF-/Mikrowellenbereich werden Koppler mit gekoppelten Leitern verwendet, z.B. mit Microstrips.

Coupler 4-Port directional coupler

Abb. 2: 4 Port Microstrip-Koppler (schematisch).

Die Kopplung zwischen beiden Leitungen erfolgt induktiv (über den Strom) und kapazitiv (über die Spannung) mit entsprechend verschobenen Phasen. Bei einfachen Kopplern ist die Kopplungslänge λ/4 mit entsprechend beschränkter Bandbreite. Bei Breitbandkopplern ist die Kopplung segmentiert mit verschiedenen λ/4-Abschnitten und Leiterabständen.

Oft werden der Port 3 (Coupled) und der Port 4 (Isolated) zur Reduzierung unerwünschter Verkopplungen zwischen ihnen über je einem Leiterzug herausgeführt.

Coupler Directional Coupler homebrew

Abb. 3: 4 Port Microstrip-Koppler (Eigenbau DG1KPN).

Kommerzielle Richtkoppler werden zumeist als 3 Port-Koppler angeboten, also nur mit einem Coupled-Port. Der Isolated Port ist fest eingebaut und für eine gute Richtschärfe (Directivity) werksseitig abgeglichen, erkennbar an dem Stummel ohne Anschlussbuchse in Abb. 5.

Coupler 4-Port Coupler schematic

Abb. 4: 3-Port Microstrip-Koppler (schematisch).

Da der Koppler spiegelsymmetrisch ist, kann die Vorwärtsleistung wie in Abb. 4 gemessen werden und mit Vertauschen der Ports 1 und 2, also Spiegeln, die reflektierte Leistung.

Coupler Narda directional coupler

Abb. 5: Kommerzieller Richtkoppler (L3Harris Narda Microwave).


1  Kenngrößen von Richtkopplern

Aus den Leistungen, die an den vier Ports auftreten, lassen sich Kenngrößen ableiten, die die Eigenschaften eines Richtkopplers charakterisieren. Bisweilen werden die nachfolgenden Größen mit positivem Vorzeichen und umgedrehten Leistungsverhältnissen im Argument des LOG angegeben.


1.1       Koppeldämpfung (Coupling factor)

Die Koppeldämpfung gibt das Verhältnis der Leistung an Port 3 (Coupled) zur eingespeisten Leistung an Port 1 (Input) an. Das ist die eigentliche Spezifikation des Kopplers.

C (Port1 ⇒ Port 3) = - 10 LOG(P3 / P1) [dB]

Große Koppeldämpfung bedeutet kleine ausgekoppelte Leistung.
Die ausgekoppelte Leistung ist P1 / 10(C/10), Beispiele

Koppeldämpfung        Leistungsauskopplung
  3 dB                          50%
  6 dB                          25%
10 dB                          10%
20 dB                          1,0%
30 dB                          0,1%

Diese Größe ist (schwach) frequenzabhängig.


1.2  Einfügedämpfung (Main line loss und Coupling loss)

Die Einfügedämpfung setzt sich aus zwei Größen zusammen:

(1) Kopplungsverlust (Coupling loss)

L (Port 1 ⇒ Port 3) = - 10 LOG (1 – P3 / P1) [dB]

Das ist der Leistungsanteil, der durch die gewünschte Auskopplung von Port 1 nach Port 3 (s.o. Koppeldämpfung) von der eingespeisten Leistung P1 abgezweigt wird.

(2) Leitungsverlust (Main line loss)

L (Port 1 ⇒ Port 2) = - 10 LOG(P2 / P1) [dB]

Das ist der Leistungsanteil, der durch unerwünschte Verluste (ohmsche Leitungsverluste, Verluste im Dielektrikum, Reflexionen durch Fehlanpassungen) entsteht.

Idealerweise wirkt nur der vorgesehene Kopplungsverlust, Beispiele:

Koppeldämpfung        Kopplungsverlust
3 dB                           3 dB
6 dB                           1,25 dB
10 dB                         0,458 dB
20 dB                         0,0436 dB
30 dB                         0,00435 dB


1.3  Isolation

Die Isolation gibt das Verhältnis der Leistungen an den beiden Ports P1 (Input) und P4 (Isolated) bei korrektem Abschluss der beiden anderen Ports an.

I (Port 1 ⇒ Port 4) = -10 LOG(P4 / P1) [dB]

Idealerweise sollte an Port 4 (Isolation) keine Leistung übertragen werden, also hohe Isolation gegeben sein, bedingt durch fehlende Reflexionen im Koppler und ohne unerwünschte Verkopplungen zwischen den Ports.


1.4  Richtschärfe (Directivity)

Die Richtschärfe gibt das Verhältnis der ausgekoppelten Leistungen an den beiden Ports P3 (Coupled) und P4 (Isolated) an.

D (Port 3 ⇒ Port 4) = - 10 LOG(P4 / P3) [dB].

Sie ist ein Maß, wie gut der Koppler die zwei Signale am Mess-Port 3 aus der vorlaufenden und Port 4 aus der reflektierten Welle trennen kann. Eine hohe Richtschärfe zeigt an, dass die vorlaufende Leistung vorzugsweise in den gewünschten Port 3 (Coupled) ausgekoppelt wird, wenig durch Streueffekte in den Port 4. Die Richtschärfe ist also maßgebend ist für die Unterscheidung der vorlaufenden Leistung zur reflektierten, also des VSWR. Eine hohe Richtschärfe ermöglicht die Messung eines VSWR nahe bei 1,0:1.

Die Richtschärfe ist stärker frequenzabhängig als die Koppeldämpfung. Gute Werte liegen um die 35dB und höher.

Über die o.a. Definitionsformel D = - 10 LOG(P4 / P3) ist die Richtschärfe an den Ports 3 und 4 nicht zu messen. Nach Umformung erhält man besser zugängliche Messgrößen.

D (Directivity) = - 10 LOG(P4 / P3)

                       = - 10 LOG( [P1 P4] / [P1 P3] )         identisch erweitert mit P1/P1

                       = - 10 LOG( [P4 / P1] / [P3 / P1] )

                       = - 10 LOG(P4 / P1) + 10 LOG(P3 / P1)

                        = Isolation - Coupling factor


2  Messungen am 3-Port Narda-Richtkoppler mit dem VNWA

In der in Abb. 4 und 5 gezeigten Anordnung (TX an Port 1/Input, RX an Port 3/Coupled – "Vorwärtsbetrieb") koppelt der Port 3 einen Teil der Eingangsleistung der einlaufenden Welle zur Messung aus. In der umgekehrten Anordnung (TX an Port 2/Through, RX an Port 3/Coupled – "Rückwärtsbetrieb") sollte die rücklaufende Welle idealerweise kein Signal an Port 3 liefern. Damit sind einlaufende und rücklaufende (reflektierte) Wellen unterscheidbar. Aber reale Richtkoppler verhalten sich nicht ideal. Auch die rücklaufende Welle koppelt einen unerwünschten kleinen Teil ihrer Energie in Port 3 aus. Darüber hinaus werden hin- wie rücklaufende Wellen weder verlust- noch reflexionsfrei übertragen.

Die Unzulänglichkeiten infolge Signaldämpfungen, Reflexionen und Übersprechen werden mit 12 Fehlergrößen gekennzeichnet (6 für Vorwärtsbetrieb/Transmission, 6 für Rückwärtsbetrieb/Reflexion). Sie kennzeichnen Effekte aus

  • parasitärer Reflexion und endlicher Isolation,
  • Dämpfung von Leitungen und Phasenverschiebungen,
  • Fehlanpassung der Quelle an das Messobjekt (Reflexionsmessung),
  • Fehlanpassung des Messobjektes an den Empfängereingang (Transmissionsmessung),
  • Übersprechen.

In diesem Modell werden die vier S-Parameter durch je eine Reflexions- und eine Transmissionsmessung und Vertauschen der Ports des Messobjektes bestimmt. Der VNWA ermittelt aus diesen insgesamt vier Messungen die genannten Fehlerterme und korrigiert damit die S-Parameter. Der VNWA nennt dies 12 Term Correction.

Eine detaillierte Beschreibung zur Messung mit dem DG8SAQ-VNWA ist im Download zu finden. Hier sogleich das Ergebnis:

Coupler Narda Directivity

Abb. 6: Ergebnis der 4 Messungen mit 12 Term Correction.

Rot: Eingangsreflexionsdämpfung S11
Blau: Isolation = Directivity + Coupling factor S21
Schwarz: Berechnete Directivity = Isolation – Coupling factor Cus1 (Custom Trace 1).

Die bei 427,6MHz (Marker 1, eigentlich off spec) ermittelte Richtschärfe ist (gute) -37,45dB.


3  Weitere Richtkopplermessungen

Mit der 12 Term Correction haben wir noch zwei weitere Richtkoppler vermessen.


3.1  Tandem Match-Koppler

Rein aus Neugier wurde auf die Schnelle ein Tandem Match-Koppler aufgebaut. Der vorhandene wäre im Antennentuner erst freizulegen gewesen. Die Koppeldämpfung ist mit 23 Windungen -27,23 dB, offener Aufbau ohne Abschirmungen.

Coupler Tandem match directivity

Abb. 7: Tandem Match-Koppler Richtschärfe (schwarz) mit 12 Term Correction.

Richtschärfe bei 30MHz: -34,82dB.

Versuchsweise wurde auch mit einer Simpelmethode gemessen:

  1. Coupled-Port: VNWA TX an Port 1 (Input), VNWA RX an Port 3 (Coupled),
    Port 2 und Port 4 mit 50Ω abgeschlossen.
    Coupled (S21) = -27,28dB (30MHz).
  2. Isolated-Port: VNWA TX an Port 1 (Input), VNWA RX an Port 4 (Isolated),
    Port 2 und Port 3 mit 50Ω abgeschlossen.
    Isolated (S21) = -61,37dB (30MHz).
  3. Rechnung Directivity = Isolated - Coupled = -34,09dB (30MHz).

Der Unterschied von 0,73dB aus beiden Messverfahren lässt nur eine Deutung als systematischen Fehler in der Simpelmethode zu. Dennoch liefert zumindest im Kurzwellenbereich die Simpelmethode mit nur zwei Messungen einen ersten Anhaltspunkt, wie nahe an 1,0:1 das VSWR mit dem Koppler bestimmbar sein wird.

Mit

Coupler VSWR formula

für den Return loss RL die Directivity = 34,82dB eingesetzt, ergibt VSWR = 1,037.
Für 34,09dB ergäbe sich ein VSWR = 1,040.

Wenn wir uns auf den Kurzwellenbereich beschränken und wenn es nur darum ginge, eine Idee davon zu bekommen, welches VSWR denn tatsächlich noch zu erkennen ist, sei noch eine Messung mit dem skalaren Netzwerktester FA-NWT zugefügt. Gemessen wurden mit dem FA-NWT bei 30MHz wie oben:
Coupled (S21): -26,64dB
Isolated (S21): -62,36dB
Directivity = Isolated - Coupled = -35,72dB (schon etwas großzügig überschätzt, ergäbe ein VSWR = 1,033).
Der Unterschied zur 12 Term Correction ist hier 0,90dB.


3.2  Mini-Circuits TDC-10-1

Die in früheren Zeiten mit skalaren Netzwerktestern wie dem FA-NWT gebräuchliche SWR-Messbrücke verwendete einen Mini-Circuits TDC-10-1. Zeit, diesem nun mal auf den Zahn zu fühlen.

Coupler Mini-Circuits TDC-10-1 directivity

Abb. 8: TDC-10-1 Richtschärfe (schwarz).

Richtschärfe: Bei 30MHz beachtliche -45,32dB, bei 100MHz immer noch gute -36,00dB.

 

Referenzen

[1]  https://de.wikipedia.org/wiki/Richtkoppler
[2]  https://www.darc.de/fileadmin/filemounts/distrikte/g/ortsverbaende/40/PP-Praese/Richtkoppler.pdf
[3]  https://www.beam-verlag.de/app/download/23211540/HF-Praxis+1-2016+IV.pdf
[4]  https://www.beam-verlag.de/app/download/29939821/HF-Praxis+3-2018+III.pdf
[5]  https://dewiki.de/Lexikon/Richtkoppler
[6]  https://www.hpmemoryproject.org/an/pdf/an_1287-3.pdf
[7]  http://www.siart.de/lehre/nwa.pdf
[8]  https://blog.minicircuits.com/directional-couplers-their-operation-and-application/

  

Download

Messung der Richtschärfe eines Richtkopplers mit dem VNWA.pdf
VSWR Calculations.xlsx