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1 Spulen und Kondensatoren im wirklichen Leben

Erstellt: DL6GL, 20.04.2022, letzte Änderung 


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Wenn wir Kondensatoren und Spulen in Schwingkreisen oder Filtern einsetzen, reicht es nicht, alleine deren Kapazitäts- und Induktivitätswert zu betrachten. Reale Bauteile verhalten sich bei HF manchmal etwas unmanierlich. Neben frequenzunabhängigen Wirkwiderständen sind zusätzlich frequenzabhängige Scheinwiderstände wirksam. Beim Kondensator eine Induktivität, z.B. der Anschlussdrähte, bei einer Spule eine Kapazität zwischen den Spulendrähten und weitere frequenzabhängige Faktoren. Die Wirkwiderstände haben Verluste zur Folge, die Scheinwiderstände bisweilen unliebsam überraschende HF-Eigenschaften.

LCQ-VNWA C-Ersatzschaltbiler

Abb. 1.1: Ersatzschaltbild einer Kapazität (a), vereinfacht (b), (c).

  • C = Kapazität. Das sollte eigentlich alles sein. Ist es aber nicht.

  • RIsol = Isolationswiderstand des Dielektrikums, insbes. bei Elkos (Leckstrom).

  • ESR=(Equivalent Series Resistance), der äquivalente Serienwiderstand.
    Zusammenfassung der
     ohmschen Leitungs- und der dielektrischen Umpolungsverluste des Kondensators.
    Der VNWA kann nur einen effektiven Wirkwiderstand messen, in (b) und (c) als Kombination aus 
    RIsol und ESR zusammengefasst. Diesen Wert geben auch die Hersteller als ESR an.
    Der VNWA kann die Konfigurationen (b) = "CII" (parallel) oder (c) = "C--" (Serie) darstellen.


  • ESL (Equivalent Series Inductivity L), die äquivalente Serieninduktivität. Zusammenfassung der parasitären Induktivität des Kondensators (z.B. Leitungsdrähte).

  • C + ESL bilden einen Serienschwingkreis mit einer Eigenresonanzfrequenz.
    Unterhalb der Resonanzfrequenz Verhalten als Kapazität wie erwartet (Z=1/ω*C),
    oberhalb als Induktivität als Störeffekt.


  • Güte Q: In erster Näherung (nur C und ESR weit vor der Resonanz) ist
     Q = Xc / ESR = 1 / ω*C* ESR.
     Diesen Wert geben auch die Hersteller an, zumeist als tan(δ)=1/Q.

Für die einfache Reihenschaltung (c) ist die Impedanz die Summe aus den Einzelimpedanzen
(R = Risol+ESR, C = C--, L = ESL)

LCQ-VNWA S11-Messung MMK 100nF-1

Abb. 1.2: Resonanzverhalten eines 100nF MMK-Kondensators (C-- & L--).

LCQ-VNWA S11-Messung MMK 100nF-2

Abb. 1.3: Resonanzverhalten eines 100nF MMK-Kondensators (C-- & L||).

Das Resonanzverhalten (Marker 7) von |Z| (schwarz) ist bei Kondensatoren schwächer ausgeprägt als das der Kapazität C-- (grün). Im Gegensatz zu C-- zeigt das parasitäre L-- (pink) in Abb. 1.2 keine ausgeprägte Resonanz, das parasitäre L|| in Abb, 1.3 jedoch deutlich.

In der Praxis wird es für Kondensatoren ausreichen, die Resonanz-Polstelle von C-- zu suchen, um die Eignung für HF-Anwendungen festzustellen, wenn überhaupt. Der 100nF-Folienkondensator wurde hier untersucht, um im gleichen Frequenzbereich zu bleiben wie nachfolgend für die Drossel. Zum Abblocken von HF ist dieser Folienkondensator offensichtlich nicht geeignet. Die Eigenresonanz eines 1nF NP0-Kondensators mit ca. 5mm Drahtlänge lag weit oberhalb bei ca. 110MHz. Kluge Leute nehmen ohnehin SMD-C's für HF und VHF. Da erübrigen sich dann solche Überlegungen.LCQ-VNWA L Ersatzschaltbild

Abb. 1.4: Ersatzschaltbild einer Induktivität (a), vereinfacht (b), (c).

  • L = Induktivität. Das sollte eigentlich alles sein. Ist es aber nicht.

  • RAC = frequenzabhängiger Widerstand u.a. des Spulenkerns.
    Zusammenfassung der Verluste aus Wirbelstrom und Ummagnetisierung im Kern sowie aus Streufeld (magnetische Verluste).

  • RDC = Frequenzunabhängiger ohmscher Widerstand des Spulendrahts.
    Der VNWA kann nur einen effektiven Wirkwiderstand messen, in (b) und (c) als Kombination aus RAC und RDC als RAC zusammengefasst.
    Der VNWA kann die Konfigurationen (b) = "LII" (parallel) oder (c) = "L--" (Serie) darstellen.


  • Cp = Zusammengefasste parasitäre Kapazitäten zwischen den Windungen.
  • Cp + L bilden einen Parallelschwingkreis mit einer Eigenresonanzfrequenz.
    Unterhalb der Resonanzfrequenz Verhalten als Induktivität wie erwartet (Z=ω*L),
    oberhalb als Kapazität als Störeffekt.
  • Güte Q: In erster Näherung (nur L und RDC weit vor der Resonanz) ist
    Q = XL / RDC = ω*L / RDC.
    Diesen Wert geben auch die Hersteller von Drosseln an, meist mit Frequenzangabe.

Für die einfache Parallelschaltung (b) ist die Impedanz der Kehrwert aus der Summe der Einzeladmittanzen
(R = RAC+RDC, C = Cp)

LCQ-VNWA S11-Messung Neosid 32uH-1

Abb. 1.5: Resonanzverhalten einer 32µH Neosid-Drossel (L-- & C||).

LCQ-VNWA S11-Messung Neosid 32uH-2

Abb. 1.6: Resonanzverhalten einer 32µH Neosid-Drossel (L-- & C--).

Das Resonanzverhalten von |Z| (schwarz) sowie Im Z und Re Z ist bei Induktivitäten deutlich ausgeprägt. Ebenso, anders als beim o.a. Kondensator, zeigt die parasitäre Kapazität C-- (pink) in Abb. 1.6 eine deutliche Resonanz, dagegen C|| in Abb. 1.5 nicht.

In der Praxis wird es für Induktivitäten zunächst ausreichen, die Resonanz-Polstelle von L-- oder |Z| zu suchen, um die Eignung für HF-Anwendungen festzustellen.



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