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Amateurfunk verbindet die Welt

3.9 Intermodulationsmessungen

Erstellt: DL6GL, 25.12.2016, letzte Änderung 

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Mit den USB-gesteuerten SDR-Receivern und entsprechender Software ist eine HF-Spektrumanalyse mit vergleichsweise geringem Aufwand möglich. Damit und ermuntert durch den Artikel von Werner Schnorrenberg, DC4KU, in [1] wurde die Vermessung der PA nun endlich in Angriff genommen.

Abb. 3.9.1: Spektrum 14,2MHz, 18W (PA übersteuert).

Wozu das Ganze? Betrachten wir das am TX-Ausgang gemessene Zweitonspektrum oben aus Sicht der Gegenseite, also des Empfängers. Und nehmen wir mal an, dass die zwei Hauptpeaks mit 1.200 und 1.600Hz moduliert sind. Das Frequenzverhältnis der beiden ist 3:4. Musikalisch ist das eine wohlklingende Quarte. Sie klänge angenehm in den Ohren, wenn nicht auch die anderen Störfrequenzen, die Intermodulationsverzerrungen (Intermodulation distortion, IMD) vorhanden wären. Diese entstehen durch Mischung von Oberwellen der beiden Grundfrequenzen. Der Wohlklang ist dahin.

Das, was der Empfangende nach Selektion im ZF-Filter hört, sind die Peaks im hell schattierten Bereich der ZF-Filterbreite, also "in band". Die Störpeaks hier stehen für die "Inband IMD".

Je nachdem wie hoch die weiter außerhalb liegenden IMD-Anteile infolge Übersteuerung des TX sind, bekommt auch die Nachbarschaft ungefragt was davon ab. Unser Signal macht sich ungebührlich breit im Band.

Hier ist also zu untersuchen, ob und wie gut die unerwünschten Intermodulationsprodukte unterdrückt werden, um "in band" ein möglichst verzerrungsfreies Sprachsignal zu erzeugen und außerhalb des Modulationsbandes andere Teilnehmer nicht zu stören. Verhindern lässt sich IMD nicht, nur angemessen reduzieren. Das stärkste IM-Produkt, IM3=2f1-f2 bzw. 2f2-f1, sollte um mindestens 30dB bezogen auf das Nutzsignal, die beiden Grundfrequenzen f1 und f2, abgeschwächt sein. In Abb. 3.9.1 sind es gerade einmal 15dB.

Da das komplexe Sprachspektrum messtechnisch nicht auswertbar ist, begnügt man sich für SSB-Betrieb üblicherweise mit einem Zweitontest mit diskreten Spektrallinien wie im obigen Bild.

Eingesetzt wurden der SDR Receiver DX Patrol [2] und SDR# [3], Version 1490 (Nov. 2016) unter Microsoft Windows 10. Das in Microsoft C# ("C sharp") programmierte aktuelle SDR#, daher der Name "SDR sharp", basiert auf Microsoft .NET 4.6, das ab Windows 7 SP1 nutzbar ist. Vorteil der aktuellen Version von SDR# ist die automatische Installation einschl. des ZADIG-USB-Treibers mit dem Batch-File install-rtlsdr.bat im .zip-File von [3]. Der PC muss dabei online sein.

Die letzte Version 1361 für WindowsXP (mit .NET 3.5) ist unter [4] noch zu haben. Der ZADIG-USB-Treiber ist unter [5] (Zadig for Windows XP) erhältlich, muss aber manuell installiert werden.

SDR# verlangt dem PC einiges an Rechenleistung ab. Insbesondere ältere WinXP-Rechner könnten eventuell an ihre Grenzen stoßen und sich einfach aufhängen.


3.9.1  Messanordnung

Abb. 3.9.2: Anordnung zur Intermodulationsmessung.

  • Der Zweitongenerator wird an den Mikrofoneingang des TRX angeschlossen. Ausgangsspannung des Generators und Aussteuerung des Mikrofonverstärkers werden so eingestellt, dass der DSB-Modulator ein verzerrungsfreies Zweitonsignal von ca. 800mVpp erhält.
  • Vor dem HF-Eingang des DX Patrol sind Abschwächer eingeschleift:
    40dB in der Dummy Load (Att. 1) und
    30dB Festabschwächer Att. 2, um den DX Patrol nicht zu übersteuern
  • Die PA-Ausgangsleistung wird mit der Scope-Anzeige eingestellt (Abb. 3.9.3).

Die Bandbreite des Scope sollte ausreichend sein, etwa Faktor 3, um auch noch in den hohen Bändern die Amplitude zuverlässig messen zu können. Die Amplitudengleichheit des Zweitons wird am minimalen Nulldurchgang des SSB-Signals vorab justiert.

Abb. 3.9.3: Auswertung der Scope-Anzeige am SSB HF-Zweitonsignal.

Der NF-Zweitongenerator macht es möglich, die gesamte Übertragungskette im TX beurteilen zu können. Die üblichen Verdächtigen sind schnell ausgemacht, was unerwünscht produzierte Signale angeht: alle Verstärker und Mischer. Dazu noch das ZF-Quarzfilter, das einige von ihnen auch wieder ausfiltern könnte.

Abb. 3.9.4: TX-Übertragungskette bei der Einfachmischung im TRX.

Das erste kritische Element ist der DSB-Modulator, wenn wir der Einfachheit halber einmal annehmen wollen, dass der Mic amp das Zweitonsignal linear, also verzerrungsfrei verstärkt. Der Zweitongenerator ist so optimiert, dass schon die ersten Oberwellen um mehr als 80dB abgeschwächt sind.

In einem Modulator/Mischer, egal ob mit Dioden oder wie hier mit einem Gilbert-Zellen IC MC1496 realisiert, entstehen neben den gewünschten Mischprodukten Verzerrungen an nicht linearen Kennlinien. Das sind einerseits Intermodulationsprodukte aus den HF-Signalen und zusätzlich Verzerrungen, also Oberwellen des vormals "sauberen" NF-Signals.

Um dem DSB-Modulator Ausflüchte, er hätte schon ein Schrottsignal vorgesetzt bekommen, zu entkräften, wurde das NF-Spektrum an seinem Eingang gemessen: Es ist sauber.

Abb. 3.9.5: Zweitonspektrum 850mVpp am DSB-Modulatoreingang.

Nun noch die Preisfrage nach den zu verwendenden Zweitonfrequenzen. Zunächst die weit verbreitete Paarung 700 + 1.900Hz, jeweils ca. 400Hz von den Grenzen des zu übertragenden Sprachbereichs entfernt.

Zweiton-Frequenzabstand

Rechenbeispiel für ein 9MHz ZF-System bei USB-Modulation (BFO auf der oberen Filterflanke). Die beiden gewünschten Mischfrequenzen sind f1 und f2.

Abb. 3.9.6: DSB-Modulation, IM-Produkte für Zweiton 700+1.900Hz, ∆=1.200Hz.

Erste Feststellung: Bei den Zweitonfrequenzen 700 + 1.900Hz mit großem Frequenzabstand 1.200Hz fallen alle Intermodulationsprodukte aus dem Übertragungsbereich des nachfolgenden Quarzfilters. Eventuell tatsächlich vor ihm entstehende IM-Produkte entziehen sich also unserer Beobachtung.

Mit Zweitonfrequenzen 1.053 + 1.462Hz, also geringerem Frequenzabstand 409Hz, passen IM3 und IM5 noch in den Durchlassbereich des Quarzfilters. Die Symmetrie um die Filtermitte könnte noch etwas besser sein. Dass das obere IM7 als der kleinste IM-Anteil schon auf der Filterflanke gedämpft wird, nehmen wir mal so hin. Die dominanten IM3 und IM5 kommen durch.

Abb. 3.9.7: DSB-Modulation, IM-Produkte für Zweiton 1.053+1.462Hz, ∆=409Hz.

Diese beiden "schrägen" Frequenzen ergaben sich aus den zur Auswahl stehenden Bauelementen nach dem Umbau der obigen 700 + 1.900Hz-Version.

Da der SSB-TX nicht nur zwei Töne, sondern ein Sprachspektrum von etwa 300 bis 2.800Hz zu übertragen hat, würden wir uns bei der Messung mit der ersten Zweitonvariante 700 + 1.900Hz in die Tasche lügen, da bei dieser Messung die im DSB-Modulator und davor möglicherweise entstandenen Intermodulationsprodukte vom Quarzfilter verschluckt werden. Der am PA-Ausgang gemessene Intermodulationsabstand auf die Nutzsignale f1 und f2 erscheint damit höher ("besser"), als er tatsächlich ist.

Die Umkehrung macht aber auch Sinn:
Hoher Frequenzabstand erfasst das Intermodulationsverhalten der PA
   und eventuelle Störungen außerhalb des Übertragungsbandes,
geringer auch das der Verstärker und Mischer vor dem Quarzfilter
   und eventuelle Verzerrungen innerhalb des Übertragungsbandes
.

Es würde also durchaus Sinn machen, mit beiden Varianten das Intermodulationsverhalten eines TX zu beurteilen. Der Vergleich der Messungen mit dem ursprünglichen 700 + 1.900Hz-Generator und dem mit den abgeänderten Frequenzen 1.053+1.462Hz zeigte allerdings keine auffälligen Unterschiede. Was für den Mic-Amp und den MC1496 spricht.

Zweiton-Frequenzverhältnis

Warum aber die krummen Zweitonfrequenzen wie 1.053 und 1.462Hz und nicht z.B. glatte 1.200 + 1.600Hz? Der Grund liegt in dem o.a. zweiten Schmutzeffekt im DSB-Modulator, ggf. auch im Mic-Verstärker, der möglichen Erzeugung von Oberwellen des NF-Eingangssignals. 1.200 und 1.600Hz sind zueinander harmonisch im Verhältnis 3:4, das ist musikalisch eine Quarte.

Wenn die Zweitonfrequenzen in einem harmonischen Verhältnis stehen, etwa 1:2, 2:3 oder 3:4, überlagern sich Produkte aus deren Oberwellen mit ungeraden IM-Produkten. Im Ergebnis erscheinen diese im Spektrum mit höheren Amplituden, täuschen also einen geringeren (schlechteren) IM-Abstand vor. Dieser zweite Oberwelleneffekt aus dem Frequenzverhältnis wirkt also entgegengesetzt zum Filtereffekt aus dem Frequenzabstand.

Abb. 3.9.8: DSB-Modulation, IM-Produkte für harmonischen Zweiton 1.200+1.600Hz.

Bei nicht harmonischen Zweitonfrequenzen, etwa 1.170+1.580Hz, sind die in Abb. 3.9.8 rot gekennzeichneten Frequenzen verschieden und als getrennte Linien im Spektrum sichtbar, wenn Oberwellen vorhanden sind.

Die in Abb. 3.9.8, einem Auszug des Excel-Sheets im Download, weit außerhalb des blau markierten Durchlassbereichs liegenden IM-Produkte, auch alle mit gerader Ordnung wie IM2, werden sowohl im Bandfilter (Übertragungskette bis einschl. Mischer) als auch im PA-Tiefpass ausgefiltert, siehe Abb. 3.9.4.


3.9.2  Intermodulationsmessungen mit SDR#

Abb. 3.9.9: Voreinstellungen in SDR#.

  • Source: Der installierte Zadig-Treiber RTL-SDR (USB) wird ausgewählt.
  • Mit Klick auf das Zahnrad-Icon öffnet sich das Fenster RTL-SDR Controller.
    Hier lässt sich mit dem Schieberegler "RF Gain" die Verstärkung einstellen. Sie sollte bei maximaler PA-Leistung knapp unter die 0dB-Anzeige des HF-Peaks eingestellt werden.
    Der dargestellte Frequenzbereich wird oben an der Frequenzanzeige in der Menüleiste, ggf. auch durch Ziehen mit der Maus unten an der Frequenzachse ausgewählt.
  • Radio: Für Messungen im HF-Bereich bis 30MHz ist für den DX Patrol ein Frequenz-Shift von -40.000.000Hz, das ist die Mischfrequenz des Kurzwellenkonverters, eingestellt.
  • FFT Display: Das zunächst mit angezeigte Wasserfalldiagramm wird für die Spektrumanalyse nicht gebraucht, View: Spectrum Analyzer.
    Die Auflösung der Darstellung ist mit "Resolution" wählbar, hier 65536.
  • AGC: Use AGC und Use Hang mit Haken aktivieren.
  • Schieberegler rechts:
    Offset: Verschiebt die gesamte Anzeige vertikal.
    Range: Dehnt/staucht die Anzeige vertikal. Ein Minimum von -80dB ist ausreichend.
    Contrast: Wirkt sich nur auf die Wasserfallanzeige aus.
    Zoom: Dehnt/staucht die Anzeige horizontal. Hiermit ist die Auflösung der IM-Produkte in der Umgebung des HF-Trägers einstellbar.

Intermodulationsmessungen

Um die einzelnen Peaks der IM-Produkte identifizieren zu können, muss zunächst die Frequenzanzeige mit einem ausreichend warm gelaufenen DX Patrol kalibriert werden. Hier am Beispiel 29MHz USB bei 9W Leistung. Mit dem Zoom-Schieberegler und wiederholter Anpassung der Frequenzachse wird die Darstellungsbreite passend gemacht. Mit Eintonmodulation ist der Träger leichter zu lokalisieren. Sehr stabil ist die Kalibrierung bei der hier zu verwendenden Frequenzauflösung allerdings nicht.

Abb. 3.9.10: Kalibrierung der Frequenzanzeige.

Die Frequenzanzeige oben in der Menüleiste wird auf 29.000.000Hz eingestellt. Der senkrechte rote Strich ist der Frequenz-Cursor. Im Fenster RTL-SDR Controller wird die Frequency correction so eingestellt, dass der Peak des nicht ganz unterdrückten Restträgers (in Abb. 3.9.10 gelb markiert) auf den roten Cursor fällt.

Zur Lokalisierung und Bestimmung des jeweiligen Pegels wurde so verfahren:

  • Durch Angleichung der Amplituden des NF-Zweitons werden f1 und f2 auf gleiche Höhe justiert.
  • Im Register links "Radio" CW markieren, Bandbreite ca. 300Hz.
  • Roten Frequenz-Cursor mit der Maus auf einen Peak ziehen.
  • Im QuickInfo (Tooltip) werden u.a. die angewählte Frequenz und die Peakhöhe angezeigt, siehe Abb. 3.9.11.
  • Mit dem Excel-Sheet (im Download) wird das zu der jeweiligen Frequenz passende IM-Produkt identifiziert.
    Aus der abgelesenen Peakhöhe berechnet Excel sogleich den IM-Abstand auf f1 bzw. f2.

Der TRX einschließlich PA-Tiefpass wurde im 80, 40, 20 und 10m-Band mit unterschiedlichen Leistungen vermessen.

Beispielhaft die Spektren für das 20m-Band bei 10W und 16W Ausgangsleistung, hier ohne Frequenzkalibrierung.

Abb. 3.9.11: Spektrum 14,2MHz bei 10W Ausgangsleistung, IM3=-30dBc.

Abb. 3.9.12: Spektrum 14,2MHz bei 16W Ausgangsleistung, IM3=-25dBc.

Der ARRL-Standard schlägt noch 6dB drauf und stellt damit den Bezug auf die Verdopplung durch Addition der f1- und f2-Signale her, also IM-Abstand bezogen auf Peak envelope Power, PEP.

Nachfolgend das Intermodulationsverhalten aufgetragen über die Ausgangsleistung, Zweiton 1.053 und 1.462Hz.

Abb. 3.9.13: IMD in Abhängigkeit von der PA-Leistung, 80m.

Abb. 3.9.14: IMD in Abhängigkeit von der PA-Leistung, 40m.

Abb. 3.8.15: IMD in Abhängigkeit von der PA-Leistung, 20m.

Abb. 3.8.16: IMD in Abhängigkeit von der PA-Leistung, 10m.

Die ursprüngliche Einschätzung aufgrund des Sinussignals als 10W- statt als 20W-PA war schon berechtigt. Mit zunehmender Frequenz wird das Verhalten schlechter.

Im Download sind Excel-Sheets zur Protokollierung der Messungen sowie zur Berechnung der IM-Produkte verfügbar.


Referenzen

[1] DC4KU, SDR-Applikationen, FA 07+08/2015
     http://www.dc4ku.darc.de/Applikationen%20eines%20SDR-Receivers.pdf
[2] http://darcverlag.de/SDR-Receiver
     http://www.dc4ku.darc.de/SDR-Receiver_als_Spektrumanalysator.pdf
     http://www.dc4ku.darc.de/Empfindlichkeit_und_Rauschmass_des_DX-Patrol.pdf
     http://www.dc4ku.darc.de/Grosssignalfestigkeit_eines_SDR-Receivers.pdf
     http://www.dc4ku.darc.de/Vergleich_DX-Patrol-MK2_und_MK3.pdf
[3] http://airspy.com/download/
[4] http://www.radioscanner.ru/files/receivercontrol/
     http://www.qsl.net/4/4z4zq//sdrsharp/
[5] http://zadig.akeo.ie/
[6] http://www.ab4oj.com/test/docs/ssb_im.pdf
[7] https://www.maximintegrated.com/en/app-notes/index.mvp/id/5429

           

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