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Amateurfunk verbindet die Welt

Auslegung von TX-Oberwellenfiltern

Erstellt: DL6GL, 23.10.2024, letzte Änderung 09.03.2025

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Update V2.01, 05.11.2024: Neuberechnung der Spulengüte QL mit Berücksichtigung der Spulenverluste zugefügt.
Auslegung von TX-Oberwellenfiltern.pdf überarbeitet.
Update V2.02, 09.03.2025: Wem der automatisch generierte Filename des abgespeicherten pdf (Button "Print this sheet as pdf") zu kryptisch ist, kann nun in einem neuen Formular einen Filenamen nach Wunsch eingeben und wählen, ob das pdf angezeigt werden soll.

Nach den vorangegangenen zwei Beiträgen zu LC-Filtern fehlte eigentlich noch etwas: Wie dimensioniert man einen TX-Tiefpass, also ein Oberwellenfilter zwischen TX und Antenne? Einen Tiefpass, der TX-Leistungen jenseits der QRP-Klasse ohne Schaden zu nehmen aushält?

Für ausgeschlafene Kurzwellenamateure ist die Frage auf der Stelle beantwortet: Für die gängigen 100W-TRX nimm für SSB oder CW einfach Amidon T68-Ringkerne, Material -2, -6 oder -10 (rot, gelb, schwarz) je nach Frequenzbereich und gut is'. Für 750W / 1kW dann halt mindestens T106-, besser vielleicht T130-Kerne für die unteren Bänder, Luftspulen ab 20m aufwärts. Noch Fragen?

Ja! Wie verhält es sich bei Dauerstrichbetrieb, etwa bei Tests? Oder bei manchen digitalen Betriebsverfahren, wenngleich diese mit sehr gemäßigten Leistungen auskommen? Lässt sich so etwas berechnen, um zumindest eine Vorstellung zu bekommen, bevor Tiefpassspulen, Kerne, Kondensatoren und auch noch Platinen geschrottet werden?

Einen konkreten Anlass oder einen vernünftigen Grund für diese Untersuchung gab es nicht. Sie wäre aber ein Endpunkt der bisherigen Überlegungen zu LC-Filtern.

Jenseits von QRP-Leistungen treten auf alle Fälle Spannungen und Ströme auf, die ein besonderes Augenmerk auf die Belastbarkeit der zu verwendenden Bauteile verlangen.

Um insbesondere die Belastungen an Amidon T-Ringkernspulen berechnen zu können, wurden bei Amidon, der Vertriebsgesellschaft, und dem Hersteller Micrometals verfügbare Daten und Berechnungsformeln herangezogen. Ich kann nur vermuten, dass diese Erfahrungswerte, Schätzwerte oder Ergebnisse von Fits an Messwerten sind. Auf dieser Basis kann die Auslegungsrechnung hier wohl nur Abschätzungen liefern. Auch bei etwas getrübten Sichtverhältnissen kann sich ein Blick dennoch lohnen…

Eine detaillierte Beschreibung der Rechenprozedur einschließlich Referenzen ist als pdf im Download zu finden. Zu den Eingaben und der Rechenprozedur auf Seite 1 sei auf die vorherige Seite verwiesen.  Hier nur ein Überblick über das erweiterte Excel-Sheet aus der vorherigen Seite. Unterhalb der Übertragungsfunktionsgrafik ist eine weitere Seite angehängt.

Lowpass_Page2

Abb. 11: Seite 2 des Excel-Sheets zur Leistungsauslegung.


Eingabedaten Seite (Page) 2

Frequency [MHz] Zu untersuchende Frequenz, i.a. im Durchlassbereich des Tiefpasses.
Inp. RMS power [W] Nur für Dauerstrich volle verfügbare TX-Leistung. Sonst, bei intermittierendem Betrieb, z.B. CW oder SSB:
CW: ca. 40 – 50% der verfügbaren TX-Leistung (Tastung und Pausen),
SSB: ca. 30 – 40% der verfügbaren TX-Leistung (Modulationstiefe und Sprechpausen).
Maßgeblich ist die über die Zeit gemittelte TX-Leistung, damit die durchschnittliche Verlustleistung im Filter.
Antenna imp. [Ω] Betrag der Antennenimpedanz. In der Regel gleich der TX-Ausgangsimpedanz (50Ω) für ein SWR=1 einer angepassten Antenne, ggf. mit einem Tuner angepasst.
Kann versuchsweise verändert werden, um Auswirkungen eines SWR>1 zu simulieren.
Das Programm behandelt die angepasste Antenne als reelle Last. Die Annahme einer Fehlanpassung ebenso als reelle Last, nur mit einem anderen Betrag, kann also beliebig falsch sein. Es sei denn, die Antenne ist z.B. mit 60Ω resonant, stellt also tatsächlich eine reelle Last dar.

Mit Änderung dieser 3 Eingabedaten muss eine neue Berechnung mit Klick auf "Go" durchgeführt werden.
Diese aktualisiert die Verlustwiderstände, die Spannungen und Ströme im linken Teil der Tabelle auf Seite 2.
Temperaturen in °C:
Ambient temp. Umgebungstemperatur der Ringkerne, stehende Luft.
Max. core temp. Maximal zugelassene Temperatur der Ringkerne. Mit beiden Vorgaben wird die Temperaturerhöhung (°C rise) infolge der im Kern umgesetzten Verlustleistung in Bezug auf die Umgebungstemperatur bewertet:
Grün: Kernerwärmung unter festgelegter Maximaltemperatur,
Rot   : Entsprechend Überschreitung, Vorsicht!
Max. wire heating Maximal zugelassene Temperaturdifferenz zwischen Draht und Umgebung infolge Erwärmung alleine durch den HF-Strom. Diese bestimmt den dafür minimalen Drahtdurchmesser (mm) für CuL-Draht.

Die Designdaten, Verlustwiderstände aus den Q-Werten, Induktivitäten und Kapazitäten werden von Seite 1 auf Seite 2 übernommen. Die dazu benutzen Excel-Formeln wie auch die Formeln hinter den Anzeigen für die Ringkerndaten weiter unten nicht überschreiben oder löschen!

Die Berechnung für die eingegebene Frequenz, Leistung und Antennenimpedanz ergibt daraus die Ergebnisse für den wirksamen parallelen bzw. seriellen Verlustwiderstand ("Equiv. R") sowie die Spannung über dem jeweiligen Filterelement und den Strom durch dieses in Effektiv-/RMS-Werten. Bei den Ringkernspulen werden für "Equiv. R" die seriellen Verlustwiderstände aus dem vorgegebenen QL-Wert zuzüglich der aus dem Kernverlust umgerechneten Verlustwiderstände angezeigt. Das entspricht einer Verminderung der ursprünglichen Spulengüte QL, die nur den ohmschen Widerstand der Wicklung darstellt.

Mit V2.01 wird die aus den zusätzlichen Verlusten resultierende Spulengüte als Mittelwert über die QL der eingesetzten Spulen für die vorgegebene 3dB-Grenzfrequenz neu berechnet und am Ende von Seite 2 angezeigt. Damit können dann unter Vorbehalt der verwendeten Näherungen die Auswirkungen auf die Durchlassfunktionen neu berechnet und bewertet werden.

Für Kondensatoren wird die für die Spannungsfestigkeit maßgebliche Spitzenspannung (1,414*URMS) angezeigt (abweichend von der Überschrift "|URMS|" für die Induktivitäten).


Auswahl der Ringkerne

Für jeden Ringkern kann der jeweilige Typ ausgewählt werden. Es stehen zur Verfügung: Amidon T-Ringkerne von T20-2 bis T200-6 und, soweit im Amidon-Programm, Mischung 10. Damit steht auch aus den vorgegebenen Induktivitätswerten die jeweilige Windungszahl fest. Für die Berechnung werden diese auf die nächste ganze Zahl auf- oder abgerundet.

Die in einer Ringkernzeile gezeigten Daten werden aus den mit "Go" für die eingegebene Frequenz, Leistung und Antennenimpedanz berechneten URMS und IRMS und den Daten des gewählten Ringkerns berechnet. Mit diesen Vorgaben ist also nur noch der passende Ringkern auszuwählen.

Weitere berechnete Daten des ausgewählten Ringkerns (nähere Erläuterungen im pdf im Download):

Bpeak Mit dem jeweiligen URMS in dem festgelegten Ringkern erreichte magnetische Spitzen-Flussdichte (Gauss).
Bmax Nach Amidon maximal zulässige magnetische Flussdichte (Gauss).
Core loss Spezifische Verlustleistung pro Kernvolumen (mW/cm^3).
P core Tatsächlich umgesetzte Verlustleistung im Ringkern (mW).
°C rise Temperaturerhöhung (Erwärmung) des Ringkerns (°C) infolge der Verluste.
Wire Ø Minimaler CuL-Drahtdurchmesser, der eine Erwärmung durch den HF-Strom auf eine mit "Max. wire heating" festgelegte Temperaturerhöhung über die Umgebungstemperatur begrenzt.

Ein bei vorgegebener Windungszahl noch gut auf dem Ringkern aufzubringender Drahtdurchmesser sollte es für eine geringe Durchlassdämpfung schon sein. Im Zweifelsfall den nächst größeren Kern wählen. Es versteht sich von selbst, dass die Wicklung eng am Kern anliegt, einlagig ausgeführt wird und etwa 75% des Umfangs einnimmt.

Auch wenn die Ampel für die erreichte magnetische Flussdichte Bpeak bei nicht allzu dramatischen Überschreitungen bzgl. der vorgegebenen maximalen magnetischen Flussdichte Bmax auf rot stehen sollte, ist das eher nicht als KO-Kriterium anzusehen. Die Bmax-Vorgaben stammen aus einer wahrscheinlich recht alten Scan-Kopie von Amidon, die ich als nicht besonders vertrauenswürdig einstufe. Was Besseres habe ich nicht gefunden. Wesentlicher erscheint der Wert für "°C rise", d.h. der Temperaturerhöhung infolge der Kernverluste, auch mit Ampel rot/grün mit Bezug auf die maximal zugelassene Kerntemperatur und die Umgebungstemperatur. Die Ergebnisse für die Kernerwärmung sollten auch nicht auf die Goldwaage gelegt werden - Micrometals bezeichnet die Formel dazu als "reasonable approximation", also als angemessene oder hinreichende Näherung. Die Fingerprobe (ohne HF!) schafft dann Klarheit im Testbetrieb.

Das Internet hält sich sehr bedeckt zu diesem Thema. Eine im Web gefundene Abschätzung für T-Ringkerne in TX-Tiefpassfiltern, allerdings ohne Aussage zur Betriebsart, etwa CW oder SSB, gibt an:

Amidon T-50:              50 Watt max.
Amidon T-68:              100 Watt max.
Amidon T-106:            500 Watt max.

mit der Begründung für diese relativ kleinen Kerne, dass die im Stopp-Band, also jenseits des Durchlassbereichs, auftretenden Harmonischen des TX-Signals von sich aus schon deutlich geringere Pegel als die Grundwelle aufweisen.

Nun ja, einverstanden. Man könnte auch so sagen: Die Grundwelle stellt den Hauptanteil der TX-Leistung. Diese Abschätzung kann mit den hier vorgestellten Rechnungen insofern bestätigt werden, wenn tatsächlich CW oder SSB mit den o.g. zeitlichen Mittelwerten von 30 bis 50% der verfügbaren TX-Leistung für die Grundwelle zum Ansatz kommen.

Für ein siebenpoliges 0,1dB 80m-Chebyshev-Filter wird bei 3,6MHz für Bpeak eine wohl tolerierbare Überschreitung des m.E. unsicheren Bmax angezeigt. Die Kernerwärmung bleibt bei einer Rechnung mit 40% von 100W Maximalleistung, also zeitlich gemittelt 40W Netto für SSB, unter 30°C für T68-2 Ringkerne im Rahmen (siehe Abb. 11). Für ein fünfpoliges Cauer-Filter sieht es unter gleichen Bedingungen noch etwas günstiger aus. CW- und Digital-Funker sind ohnehin keine Leistungsfetischisten. Die kommen mit viel weniger viel weiter.

Auch wenn die Mischungen -6 (gelb) und -10 (schwarz) für höhere Frequenzen spezifiziert sind, empfehlen sich in der QRO-Klasse ab etwa 14MHz (20m) mit den kleineren Induktivitäten dann doch eher Luftspulen ohne die diskutierten Kernverluste. Sie lassen sich im eingebauten Zustand auch noch besser durch Spreizen bzw. Zusammendrücken abgleichen. Gegenseitige 90°-Anordnungen zur magnetischen Entkopplung sind dann zu beachten.


Kapazitäten

Wie oben erwähnt, ist für die Spannungsfestigkeit die Spitzenspannung 1,414*URMS das Maß. Diese wird auch als solche angezeigt. Mit Serienschaltung an den notwendigen Stellen kann dies sichergestellt werden. Entsprechend zur Bewältigung der auftretenden HF-Ströme mit Parallel­schaltung.
Im oberen Leistungsbereich sind Glimmer-/Silver Mica-Kondensatoren erste Sahne, für hohe Spannungen aber kaum bezahlbar, wenn sie überhaupt zu bekommen sind.
Preisgünstige Alternativen:
COG/NP0-Kondensatoren, die gibt es auch für nennenswerte Spannungsfestigkeiten in SMD,
oder WIMA FKP 1 ab 100pF, bis 2.000V-/700V~.

Ein paar Informationen aus der Praxis z.B. hier:
https://www.qrpforum.de/forum/index.php?thread/13822-welche-kondensatoren-f%C3%BCr-pa-tiefpassfilter/
https://www.dj0abr.de/german/technik/kwpa/kwpa_filter.htm


Das hier vorgestellte Excel-Sheet Version 2 ist eine Weiterentwicklung der Excel-Anwendung V1.05 auf der vorherigen Seite. Es ist in Excel VBA programmiert. Zur Nutzung müssen die aktiven Inhalte (Makros) aktiviert werden. Der VBA-Code ist wie immer offen einsehbar.


Download

LC_LowHighpass_Power.xlsm (V2.02)

Auslegung von TX-Oberwellenfiltern.pdf (2024-11-08)